Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine Damen und Herren,
der vorgelegte Doppelhaushalt weist für das Jahr 2019 ein planmäßiges Defizit von ca. 1 Mio. und für 2020 einen Fehlbetrag von etwa 570.000 bei aufgebrauchter Ausgleichsrücklage auf. Aus heutiger Sicht kann das Haushaltssicherungskonzept eingehalten werden. Die notwendige Darstellung eines ausgeglichenen Haushalts im Jahr 2022 erscheint realistisch zu sein. Dafür sind von der Verwaltung auch in den nächsten beiden Jahren keine Steuererhöhungen und weitgehend stabile Abfall- und Abwassergebühren vorgesehen. Wir hoffen auch darüber hinaus die Grund- und Gewerbesteuern auf dem bisherigen Niveau halten zu können. Denn bei den sprudelnden Steuereinnahmen im Bund können wir den Bürgerinnen und Bürgern in Herscheid sicherlich nicht erklären, dass wir hier die Steuern erhöhen müssen. Auch muss die Reform der Grundsteuer abgewartet werden, deren derzeitige Bemessung vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft wurde.
Allerdings kann niemand wissen, wie lange die gute Konjunkturlage mit den niedrigen Zinsen, geringer Arbeitslosigkeit und kräftigen Lohnzuwächsen für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer noch anhält. Viele von uns nicht zu beeinflussende Faktoren, wie z. B. die Auswirkungen des Brexits oder die unvorhersehbaren Eskapaden einiger Staatenlenker wie Trump, Putin oder Erdogan können die Konjunktur schnell und im schlimmsten Falle auch nachhaltig schwächen. Zurückgehende Steuereinnahmen und zunehmende Arbeitslosigkeit als mögliche Folgen könnten die Gemeindefinanzen negativ beeinflussen. Bei den übergeordneten Behörden muss aber auch endlich die Einsicht wachsen, dass sie die schon Jahrzehnte währende chronische Unterversorgung der Kommunen beenden müssen, wobei die zurzeit sprudelnden Steuereinnahmen große Spielräume eröffnen könnten, wenn man denn wollte.
Die Bürgerinnen und Bürger erleben Politik direkt vor Ort und brauchen handlungsfähige Kommunen, die vielfältige Leistungen der Daseinsvorsorge und eine moderne Infrastruktur vorhalten. Voraussetzung dafür ist eine aufgabengerechte und stabile Finanzausstattung, wofür Bund und Land verantwortlich sind.
Die guten Steuereinnahmen in den vergangenen Jahren führen leider immer wieder zu hohen Abgabelasten bei der differenzierten und allgemeinen Kreisumlage, bei der Gewerbesteuerumlage, dem Fonds Deutsche Einheit und der Krankenhausinvestitionsumlage. Gleichzeitig bedingen sie den Wegfall von Schlüsselzuweisungen, die nur steuer- und umlageschwache Kommunen erhalten. Dies kann die Kommune nicht beeinflussen, auch wenn durchaus angezweifelt werden kann, ob z. B. der Kreis seine finanziellen Mittel auch wirklich bedarfsgerecht einsetzt und sein Sparwille ausgeprägt genug ist. Bequemer ist es für ihn auf jeden Fall, seine Kosten sich im Umlageverfahren erstatten zu lassen.
Die erhöhten Kosten bei den Personalaufwendungen sind auf Lohnzuwächse zurückzuführen, die sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung und in den gemeindlichen Einrichtungen wie jede andere Arbeitskraft auch verdient haben. Gute Bezahlung erhöht die Attraktivität eines Arbeitsplatzes. Der in vielen Branchen herrschende Fachkräftemangel wird auch vor unserer Gemeinde nicht Halt machen. Wer gute Arbeit liefern soll, muss auch gut bezahlt werden.
Zur Entlastung des kommunalen Haushalts trägt der Wegfall der seit einigen Jahren erhobenen Abundanzumlage bei, die an äußerst finanzschwache Kommunen zur Bewältigung ihrer Aufgaben verteilt wurde. Ihren Sinn haben wir von Anfang an nicht verstanden und uns gegen die Einführung gewehrt, die zugegebenermaßen von unserer eigenen Partei auf Landesebene initiiert wurde. Die jährlichen Einsparungen durch den Wegfall des Fonds Deutsche Einheit ab 2019 werden uns ebenfalls gut tun und können vor Ort sinnvoller eingesetzt werden.
Eine große Aufgabe für die nächste Zeit wird die Integration der in den vergangenen Jahren in hohem Maße zugewanderten Menschen sein. Sie kann nur gelingen, wenn für diese Arbeit genügend Gelder von Bund und Land zur Verfügung gestellt werden. Daher ist es bedauerlich, dass das Land NRW die Integrationspauschale des Bundes nicht zu 100 % an die Kommunen weiterleitet. Neue Zeitungsberichte lassen aber erkennen, dass diese Kritik in Düsseldorf angekommen ist und ein Umdenken erfolgen soll.
Auch die auf drei Monate begrenzte finanzielle Unterstützung bei der Unterbringung und Versorgung geduldeter oder ausreisepflichtiger Asylsuchender ohne Bleibeperspektive ist ein Risikofaktor für jede Kommune. Die anfallenden Kosten für diesen Personenkreis müsste eigentlich das Land bis zur tatsächlichen Rückführung in voller Höhe übernehmen.
Nur gut in unsere Gemeinschaft integrierte Flüchtlinge, die die deutsche Sprache beherrschen und selbst ihren Lebensunterhalt bestreiten, können uns bei den Problemen der Überalterung der Gesellschaft oder bei der Lösung des Fachkräftemangels helfen.
Alle anderen, vor allem, wenn sie sich in der sozialen Hängematte unseres Staates einrichten oder auf andere dumme Gedanken kommen, werden auf Ablehnung in der Gesellschaft stoßen und schlimmstenfalls die Ausländerfeindlichkeit zunehmen lassen.
Die Höhe der Kassenkredite konnte in den letzten Jahren zwar deutlich zurückgefahren werden und belastet den Haushalt zurzeit wegen der niedrigen Zinsen nicht. Das kann sich aber bei einer durch äußere Einflüsse verursachten Änderung des Zinsniveaus schnell ändern. Deshalb werden sie auch weiterhin ein Haushaltsrisiko bleiben.
Die Entscheidung, den oberen Rahlenberg als zusätzliches Wohngebiet zu erschließen war absolut richtig. Etwa zwanzig verkaufte Grundstücke und einige schon fast fertiggestellte Wohnhäuser im ersten Jahr der Vermarktung bestätigen dies. Daher sollten wir zügig die Vorbereitungen treffen, um das Gebiet im weiteren Verlauf des Haselweges und weitere Teile des Grenzwegs zu Wohnbaugebieten zu deklarieren. Dabei sollten wir auch den Mut zu neuen Wohnformen haben, wie z. B. Mehrgenerationenhäuser. Nur so kann es uns gelingen, durch neue Einwohner den Bevölkerungsrückgang aufzuhalten. Und neue Steuerzahler werden der Gemeinde finanziell auch gut tun.
Der Breitbandausbau bleibt trotz der Maßnahmen von Innogy und Telekom ein Sorgenkind, denn weite Bereiche der Gemeinde sind noch immer unterversorgt. Eine ausreichende Breitbandversorgung ist mittlerweile ein wichtiger Standortfaktor geworden, kann aber von keiner Gemeinde aus eigener Kraft erreicht werden. Fördergelder sind zwar bereitgestellt, aber durch den Förderdschungel aus verschiedenen Konzepten des Landes, des Bundes und der Europäischen Union blickt man kaum noch durch und hat auch wenig Einfluss darauf. Man kann nur hoffen, dass am Ende eine schnelle und sichere Datenbahn für alle Bürger und alle Industriebetriebe steht. Und dies bis in den letzten Winkel der Gemeinde, denn die dort lebenden Bürgerinnen und Bürger haben alle das gleiche Anrecht auf diese Versorgung.
Der neue Brandschutzbedarfsplan wurde zu Beginn des Jahres verabschiedet. Nachdem die Gemeinde nach Absprache mit der Feuerwehr in den letzten Jahren viel Geld in die Vorhaltung leistungsfähiger Feuerwehrfahrzeuge gesteckt hat, muss nun die Beseitigung der im Brandschutzbedarfsplan deutlich gewordenen Mängel bei den Feuerwehrgerätehäusern in Angriff genommen werden. Dies kann und darf nur in enger Abstimmung mit der Wehrleitung und der Feuerwehr geschehen. Die Planungen in Rärin für einen Neubau des Feuerwehrgerätehauses, der wirtschaftlicher als eine Sanierung des bestehenden Gebäudes ist, haben schon begonnen und werden hoffentlich bald den dortigen Feuerwehrleuten eine sichere und attraktivere Perspektive bieten. Anschließend werden wir uns sofort mit den Planungen eines Um- bzw. Erweiterungsbaus des Feuerwehrgerätehauses in Herscheid beschäftigen müssen.
Durch Sonderprogramme zusätzlich zu den veranschlagten Haushaltsmitten konnten in den letzten Jahren mehr Gemeindestraßen saniert werden, als vorgesehen waren. Allerdings reicht das bei weitem nicht aus. Es muss auch weiterhin alles versucht werden, um zusätzliche Mittel in die Straßensanierung zu investieren, denn den Bürgerinnen und Bürgern ist so manche Buckelpiste nicht mehr zuzumuten. Allerdings lehnen wir den Vorschlag der Gemeindeprüfungsanstalt ab, durch eine Erhöhung der KAG Beiträge mehr Geld für die Straßenunterhaltung zur Verfügung zu haben. Dieser Vorschlag würde eine z. T. erhebliche Belastung für die anliegenden Bürgerinnen und Bürger bedeuten, wie wir es in letzter Zeit aus Lüdenscheid oder Sundern erfahren konnten. Um letztendlich alle Bürgerinnen und Bürger von den Straßenausbaubeiträgen zu entlasten, sollten die Kosten hierfür durch das Land übernommen werden, wie es in einigen Bundesländern längst gängige Praxis ist.
Nachdem der Landesbetrieb Straßen NRW dafür gesorgt hat, dass sich die L 561 in einem vernünftigen Zustand befindet, muss nun der Druck auf den Landesbetrieb erhöht werden, sich endlich mit der Sanierung der L 696 vom Rüendanz bis zur
Oestertalsperre zu beschäftigen – für viele Herscheider ein wichtiger Verbindungsweg nach Plettenberg und für viele Plettenberger eine wichtige Verbindung zur Autobahn.
Das neu gestaltete barrierefreie Bildungszentrum am Rahlenberg wird den Grundschulen Herscheid und Hüinghausen gemeinsam mit ihren Ganztagsangeboten sowie der Volkshochschule wahrscheinlich planmäßig ab dem Schuljahr 2020 / 21 eine neue und vor allem wesentlich attraktivere Heimat bieten. Die entstehenden finanziellen Belastungen können zum größten Teil aus den zugesagten Fördermitteln, den in den letzten Jahren eingesparten und zukünftig erwarteten Mitteln der Schulpauschale sowie den Geldern aus dem Investitionsprogramm Gute Schule 2020 des Landes finanziert werden. Zu weiteren Einsparungen wird der Wegfall der Unterhaltungskosten für das Schulgebäude in Hüinghausen führen, zu deren zukünftigen Verwendung wir uns zeitnah Gedanken machen müssen wie auch um die Rammberghalle, der dann die Mieteinnahmen für den Sportunterricht fehlen werden.
Nach der attraktiven Umgestaltung der Dorfwiesen und des alten Schulplatzes wurde mit dem Bildungszentrum ein weiteres großes Projekt in Angriff genommen. Nur dank der Förderfähigkeit des unter großer Beteiligung der Bürgerschaft entwickelten Gemeindeentwicklungskonzeptes sind wir in der komfortablen Lage auch so große Baustellen anpacken zu können.
Nach der Renovierung des Babybeckens und des Nichtschwimmerbereichs im Freibad muss die Sanierung des Schwimmerbeckens und des Sprungbereichs zwangsläufig in den nächsten Jahren erfolgen und steht für die SPD Fraktion außer Frage.
Das inzwischen 47 Jahre alte Kunststoffbecken verliert immer mehr Wasser und die Reparaturen häufen sich. Deswegen muss es dringend durch ein Edelstahlbecken ersetzt werden. Um ein solches Projekt zu stemmen, müssen die nach jetzigem Stand veranschlagten Kosten in Höhe von 1,8 Mio. auf mehrere Haushaltsjahre aufgeteilt werden. Sollten sich zu diesem Vorhaben Fördermöglichkeiten ergeben, müssen diese natürlich konsequent genutzt werden. Unser Freibad ist nicht nur in der Herscheider Bevölkerung beliebt. Viele Besucher aus den umliegenden Kommunen beneiden uns um dieses Kleinod. Im letzten Sommer sind auch viele Autos mit einem Olper Kennzeichen auf den Parkplätzen gesichtet worden, die zu dem Rekordbesuch von ca. 64 950 Badegästen in der letzten Freibadsaison beigetragen haben.
Durch den in Kürze fertig gestellten Anbau des DRK Kindergartens werden die Betreuungsplätze im Gemeindegebiet erhöht. Er verursacht zwar für die Gemeinde erhöhte Trägeranteile, die aber gut angelegtes Geld bedeuten. Verlässliche Betreuungskapazitäten sind für viele Familien heutzutage existentiell und stellen daher einen wichtigen Standortfaktor dar.
Wir begrüßen es ausdrücklich, dass trotz knapper Kassen die freiwilligen Leistungen in den nächsten beiden Jahren in der bisherigen Form bestehen bleiben. Sie betragen weniger als ein Prozent des Etats und stellen für die Vereine und Verbände u. a. eine Belohnung ihres ehrenamtlichen Engagements dar. Wir sollten uns in den nächsten Jahren Gedanken machen, ob wir nicht in Zukunft eine wenn auch wahrscheinlich kleine Erhöhung finanzieren können.
Die SPD Fraktion hat sich auf ihrer Klausurtagung am 17. November eingehend mit dem Doppelhaushalt 2019 / 2020 beschäftigt. Frau Plate Ernst und Herr Schmalenbach haben uns für Erläuterungen und Fragen ausführlich zur Verfügung gestanden. Dafür bedanken wir uns noch einmal ganz herzlich.
Wie angekündigt werden wir dem Doppelhaushalt mit allen Anlagen zustimmen. Zum einen lässt er den Haushaltsausgleich im vorgegeben Zeitrahmen realistisch erscheinen. Zum anderen eröffnet er auch Handlungsspielräume, die zu einer attraktiven Weiterentwicklung der Gemeinde beitragen werden.
Für die konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit bedanke ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung sowie beim Bauhof und in den Gemeindewerken, aber auch bei den Kolleginnen und Kollegen im Rat ganz herzlich.
Das Ziel all unserer Bemühungen muss das Wohl der Gemeinde sein, nicht das Eigeninteresse oder die Selbstdarstellung, nicht das Parteiinteresse oder das Wohl einiger weniger.
Unser besonderer Dank gilt aber auch all denjenigen, die sich ehrenamtlich in Vereinen, Verbänden, Institutionen, Kirchen, Feuerwehr, DRK oder auch in aller Stille für andere Menschen und die Gemeinschaft einsetzen. Dieses ehrenamtliche Engagement stellt einen wichtigen Beitrag für den Zusammenhalt in der Gemeinde dar.
Ihnen allen wünschen wir eine besinnliche Restadventszeit, ein friedliches Weihnachtsfest und einen gesunden Start in das neue Jahr 2019.