
Haushaltsrede
der SPD Fraktion im Rat der Gemeinde Herscheid zum Doppelhaushalt 2015 und 2016 am 15.12.2014
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine Damen und Herren,
der Doppelhaushalt weist für das Jahr 2015 ein planmäßiges Defizit von ca. 2,26
Mio. und für 2016 einen Fehlbetrag von etwa 2,10 Mio. bei aufgebrauchter Ausgleichsrücklage auf. Eine erneute Erhöhung der Kreisumlage nach der ersten Prognose drohte die Einhaltung des Haushaltssicherungskonzeptes zu gefährden.
Schon seit langem werden bei uns in Herscheid nur Investitionen getätigt, die aus Pauschalen, Fördermitteln oder Investitionszulagen vom Land oder Bund bezahlt werden und bei Nichtinanspruchnahme zurückgezahlt werden müssen.
Auf der Ausgabenseite werden wir mit immer höheren und zusätzlichen Ausgaben von anderer Seite belastet, deren Sinnhaftigkeit zumindest teilweise in Frage gestellt werden muss, denen wir uns aber nicht entziehen können.
Nicht nur die schon erwähnte Kreisumlage belastet den Gemeindehaushalt mittlerweile mit 4,9 Mio. . und muss in Teilen hinterfragt werden. Ist die Finanzierungs-beteiligung am Fond deutsche Einheit mit ca. 210.000 noch nötig? Könnten diese Gelder nicht woanders viel besser eingesetzt werden? Z. B. zur Finanzierung eines Infrastrukturprogramms, mit dem ein großer Teil unseres maroden Straßennetzes in Ordnung gebracht werden kann. Mit den im Haushalt zur Verfügung gestellten Mitteln kann eine vernünftige Renovierung unseres Straßennetzes nicht erfolgen. Und die Autofahrer erleben es jeden Tag: Immer mehr Straßen hätten es bitter nötig. Sollte es wie in den beiden letzten Jahren möglich sein, zusätzliche Haushaltsmittel zu bilden, müssen diese unbedingt in das Straßennetz investiert werden.
Zusätzlich wird unser Haushalt von der völlig unnötigen Abundanzumlage des Landes belastet. Die hier eingeforderte kommunale Solidarität wird am Ende nur dazu führen, dass auch die Geberkommunen zu Sanierungsfällen werden. In diesem Jahr werden nur 19.000 von uns gefordert, aber auch diese vergleichsweise kleine Summe könnte an anderer Stelle zum Wohle der Gemeinde wesentlich sinn-voller ausgegeben werden. Die SPD Fraktion hätte es gerne gesehen, wenn wir uns an der Klage beteiligt hätten, die die Rechtmäßigkeit dieser Umlage prüfen soll, müssen aber akzeptieren, dass diesbezüglich anders entschieden wurde.
Immer wieder hört man die Rufe nach Personalkürzungen im Rathaus und Bauhof. Oder es werden Ausgaben in Frage gestellt, die dem vorhandenen Personal helfen, ihre Aufgaben schneller und besser zu erledigen. Auf der anderen Seite hört man immer wieder, dass eingeforderte Leistungen nicht schnell genug und hin und wie-der auch nicht zur Zufriedenheit aller ausgeführt werden. Will man aber keine Leistungskürzungen oder Einschränkungen in der Leistungsausführung wird man nach Meinung der SPD Fraktion an den vorhandenen Personal- und Materialkosten keine großen Kürzungen vornehmen können. Natürlich muss man den Ausgabeposten auch weiterhin im Blick haben, falls sich bisher unbekannte Einsparmög-lichkeiten im Laufe der Zeit ergeben. Eine Intensivierung und Erweiterung der interkommunalen Zusammenarbeit ist eine solche Möglichkeit und muss angestrebt werden, wann immer sie sich anbietet. Die aus rechtlichen Gründen ins Stocken geratene Kooperation mit der Stadt Lüdenscheid im Bereich Abwasser eröffnet Einsparpotenziale und muss konsequent weiterverfolgt werden.
Die Ausgaben für Unterkunft und Versorgung von Flüchtlingen vor Ort mussten verdoppelt werden. Ob das auf Grund der Entwicklungen in den Krisengebieten Ukraine und Naher Osten reichen wird, bleibt abzuwarten. Dass Deutschland als eines der reichsten Länder der Welt seinen angemessen Beitrag zur Linderung der Flüchtlingsnot beitragen muss, steht für uns außer Frage. Aber es darf nicht sein, dass die Kommunen mit den Kosten alleine gelassen werden. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Daher müssen die den Kommunen entstehenden Kosten in voller Höhe vom Bund erstattet werden.
Ein weiteres Haushaltsrisiko ist die Höhe der Kassenkredite. Die Belastung des Haushalts hält sich bei den derzeit niedrigen Zinsen von weit unter einem Prozent zwar in überschaubaren Grenzen, aber schon geringfügige Zinserhöhungen, die man für die Zukunft nicht ausschließen kann, könnten ihn erschüttern.
Eine kommunale Finanzreform mit einer spürbaren Entlastung der Städte und Gemeinde bei ihren vielfältigen Aufgaben ist nötiger denn je. Dies sehen alle so egal welcher Partei sie angehören. Aber eine Reform mit spürbarer Entlastung der kom-munalen Haushalte ist bisher noch keiner Regierung gelungen egal ob sie schwarz-gelb, rot-grün oder schwarz-rot gefärbt war.
Während auf dem Teil der Ausgabenseite, die von der Gemeinde nicht zu beein-flussen ist, immer höhere Kosten entstehen, bleibt die Einnahmeseite mit dem Ge-meindeanteil an der Einkommenssteuer und Umsatzsteuer sowie den Kompensati-onsleistungen und Erträgen aus der Grund- und Gewerbesteuer relativ konstant bzw. steigt geringfügig. Leider bedeutet das auch den Wegfall von Schlüsselzuweisungen auf Grund der eigenen Finanzkraft. Auch die Einnahmeseite ist von der Gemeinde kaum zu beeinflussen mit Ausnahme der Steuern, die aber nicht beliebig erhöht werden können. Denn weder die Bürgerinnen und Bürger noch die Gewerbetreibenden, die durch ihre ganz normal anfallenden Steuern schon genug belastet sind, dürfen dafür bestraft werden, dass es den Verantwortlichen nicht gelingt eine umfassende kommunale Finanzreform durchzusetzen.
Die im Koalitionsvertrag der großen Koalition im Bund versprochenen Entlastungen bei den Sozialleistungen, bei der Bildungsfinanzierung und das Infrastrukturprogramm sind leider entweder noch nicht auf den Weg gebracht worden oder bei den Kommunen noch nicht angekommen.
Trotz des knappen Handlungsspielraumes, der durch die neuesten Wirtschaftsprognosen noch weiter geschmälert werden könnte, werden im Haushalt aber auch erfreuliche Tendenzen abgebildet.
Nachdem das Freibad mit einem Edelstahlbecken und verschiedenen Attraktionen, wie z. B. Breitrutsche und Strömungskanal im Nichtschwimmerbereich aufgewertet wurde, werden nun folgerichtig im Finanzplanungszeitraum 2017 bis 2019 Gelder für die Sanierung des Schwimmerbeckens eingeplant. Wenn alles gut läuft werden noch in dieser Legislaturperiode die Modernisierungsarbeiten im Freibad abge-schlossen. Unser Freibad ist nicht nur auf Grund seiner Lage und der bisher getä-tigten und geplanten Modernisierungen ein Kleinod, um das uns viele beneiden.
Unsere beiden Schwimmmeister Wolfgang Hess und Rainer Wittkamp sorgen für eine familiäre Atmosphäre, die alle Freibadbesucher sehr schätzen, und kümmern sich in hervorragender Weise um alle anfallenden Dinge.
Nach der endgültigen Schließung der Hauptschule im letzten Schuljahr muss das Bildungszentrum am Rahlenberg aktuellen und zukünftigen Notwendigkeiten angepasst werden. Die Belange von Grundschule, Offener Ganztagsgrundschule (evt. in einigen Jahren auch gebundener Ganztagsgrundschule), Betreuungsverein und Volkshochschule sind dabei angemessen zu berücksichtigen. Unser Ziel muss es sein, einerseits optimale Möglichkeiten für die verschiedenen Benutzergruppen zu schaffen und andererseits zu einer spürbaren Reduzierung der Belastungen im gemeindlichen Haushalt z. B. durch eine deutliche Reduzierung des Baukörpers zu kommen.
Das Gemeindeentwicklungskonzept ist das Beste, was uns passieren konnte. Aufgrund von Fördergeldern können nun die Dorfwiesen und die Dorfmitte aufgewertet werden. Bei der zukünftigen Gestaltung der Dorfwiesen wurde die Bevölkerung in die Planungen mit eingebunden, indem auf verschiedenen Workshops Ideen und Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger gesammelt wurden. Mit einem Architek-tenwettbewerb soll demnächst die Neugestaltung der Dorfmitte in Angriff genommen werden. Mit dem Umzug des Getränkemarktes neben dem Kaufpark bieten sich nicht nur verbesserte Einkaufsmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch neue städtebauliche Gestaltungsmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe der Ortsmitte.
Wenn der Kaufpark demnächst seinen Parkplatz neu gestaltet, muss die Gemeindeverwaltung aufpassen, dass aus Sicherheitsgründen die Autos nicht mehr direkt vor den Einkaufstüren herfahren müssen.
Die Fläche des alten Presswerkes hat sich zu einem Schandfleck entwickelt, das nach Aussagen von Nachbarn mittlerweile in den Abendstunden auch dunkle Gestalten mit finsteren Absichten anzieht. Hier muss schnell etwas passieren.
Dringenden Handlungsbedarf sieht die SPD Fraktion in den Sportlerunterkünften am Sportplatz im Müggenbruch. Während wir mit dem neuen Kunstrasenplatz ideale Voraussetzungen für die Herscheider Kicker geschaffen haben, befinden sich die Umkleidekabinen und Duschräume in einem erbärmlichen Zustand. Sie werfen ein schlechtes Licht auf eine ansonsten gepflegte Sportanlage. Daher sind wir sehr glücklich, dass die Gemeindeverwaltung und die anderen Fraktionen unserem Vorschlag gefolgt sind, durch Umschichtungen im Haushalt Gelder für die Sanierung dieser Räumlichkeiten schon im Jahre 2015 zur Verfügung zu stellen.
Unsere vorbehaltlose Zustimmung findet die geplante Ausweisung neuer Baugebiete am Rahlenberg und am Haselweg. Aufgrund ihrer Zentrumsnähe sind sie für potenzielle Bauherren attraktiver als die im Gegenzug eingetauschten Wohnbauflächen im Bereich Müggenbruch-Höh und Grenzweg in Hüinghausen.
Es freut uns sehr, dass es der Gemeinde nach mehreren vergeblichen Anläufen gelungen ist, mit Andreas Matrusch eine männliche Fachkraft für die mobile und aufsuchende Jugendarbeit zu gewinnen, die auch im Jugendzentrum mitarbeiten wird. Wir wünschen ihm alles Gute für seine zukünftige Arbeit, die nicht immer leicht sein wird, und erhoffen uns natürlich auch einen Rückgang der Verschmut-zungen und Ruhestörungen, die durch den ein oder anderen Jugendlichen verursacht werden.
Die zur Verbesserung der Breitbandversorgung zur Verfügung gestellten Mittel sind dringend notwendig. Sowohl für die heimischen Industriebetriebe als auch für die Bürgerinnen und Bürger gehört Hochgeschwindigkeit in der Datenübermittlung mittlerweile zur Daseinsvorsorge.
Wir begrüßen es ausdrücklich, dass trotz knapper Kassen die freiwilligen Leistungen in der bisherigen Form bestehen bleiben. Sie betragen weniger als ein Prozent des Etats und stellen für die Vereine und Verbände u. a. eine Belohnung ihres ehrenamtlichen Engagements dar.
Die SPD Fraktion hat sich auf ihrer Klausurtagung am 18. Oktober eingehend mit dem Doppelhaushalt 2015 / 2016 beschäftigt. Wie wir dort schon angekündigt ha-ben, werden wir ihm zustimmen, obwohl er viele Unsicherheiten in sich birgt. Allerdings sehen wir auch keine Alternative.
Rat und Verwaltung haben im vergangenen Jahr versucht, ihre Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen zum Wohle unserer Gemeinde zu versehen.
Für die konstruktive Zusammenarbeit bedanke ich mich bei Ihnen, sehr geehrter Herr Bürgermeister, und bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung sowie beim Bauhof und in den Gemeindewerken ganz herzlich.
Auch den Kolleginnen und Kollegen im Rat danke ich für die vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Unser besonderer Dank gilt aber auch all denjenigen, die sich ehrenamtlich in Vereinen, Verbänden, Institutionen, Kirchen, Feuerwehr, DRK oder auch in aller Stille für andere Menschen und die Gemeinschaft einsetzen. Dieses ehrenamtliche En-gagement erspart der Gemeinde nicht nur immense Kosten, sondern ist ein wichtiger Beitrag, der den Zusammenhalt in der Gemeinde fördert.
Ihnen allen wünschen wir eine angenehme Restadventszeit, die nicht nur von der Hektik des Weihnachtstrubels bestimmt wird, sondern auch Platz für Besinnung lässt, ein friedliches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Neue Jahr.