
Haushaltsrede
der SPD Fraktion im Rat der Gemeinde Herscheid zum Doppelhaushalt 2012/13 am 12.12.2011
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine Damen und Herren,
die Entscheidung der Verwaltung im September einen Doppelhaushalt für 2012 und 2013 einzubringen war absolut richtig. Von dieser Möglichkeit darf ruhig öfter Gebrauch gemacht werden. Als kleine Kommune können wir größere Investitionen so wie so nur über mehrere Jahre planen. Sollten sich Eckdaten ändern, können sie über eine Veränderungsliste ihre Berücksichtigung finden. Die Arbeitsbelastung der Verwaltung reduziert sich und die eingesparten Kapazitäten können an anderer Stel-le nutzbringender eingesetzt werden.
Auf Grund veränderter Rahmenbedingungen, die zukünftig die Darstellung eines Haushaltsausgleiches erst in zehn Jahren vorsehen, werden wir vermutlich die Fes-seln eines Nothaushalts ablegen können. Leider bedeutet dies aber nicht, dass wir auch nur einen Cent mehr in der Kasse haben werden. Für das Jahr 2012 wird ein Defizit von 2,3 Mio., für 2013 von 2,5 Mio. Euro erwartet. Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer und dem Einkommensteueranteil erhöhen sich wegen der guten kon-junkturellen Lage und werden von allen Kommunen des Landes dringend benötigt. Auf Grund der Schuldenkrise verschlechtern sich allerdings die wirtschaftlichen Prog-nosen für die nächsten Jahre. Leider gibt es weder in der Politik noch in der Finanz-wirtschaft zurzeit jemanden, der den Kompass Richtung ruhigeres Fahrwasser set-zen könnte. Ausgangspunkt für die Krise sind die hohen, aber hoffentlich noch nicht zu hohen Staatschulden der meisten europäischen Länder und die Unfähigkeit vieler gewählter Politiker, vernünftige Maßnahmen zur Regulierung der Finanzmärkte durchzusetzen.
Die vorgesehene Inanspruchnahme von Kassenkrediten in der Spitze mit ca. 11 Mio. Euro betrachten wir mit großer Sorge. Die Belastung des Haushalts hält sich bei den derzeit niedrigen Zinsen zwar in überschaubaren Grenzen, aber schon geringfügige Zinserhöhungen, mit denen man in der nächsten Zeit rechnen muss, könnten ihn er-schüttern.
Mittlerweile fordern alle Kommunalpolitiker schon seit Jahrzehnten eine umfassende Gemeindefinanzreform. Bund und Land gleich welche politische Couleur gerade die Regierung bildete – haben in den vergangenen Jahrzehnten den Kommunen viel-fältige Aufgaben aufs Auge gedrückt, ohne ihnen entsprechendes Geld zur Erfüllung dieser bereit zu stellen. So sinnvoll die abverlangten Leistungen z. B. gerade im So-zialbereich im Einzelnen auch waren, die nötigen Finanzmittel zu ihrer Erfüllung wur-den nicht bereitgestellt. Pflichtaufgaben dürfen nicht einfach nach unten, sprich an die Städte und Gemeinden durchgereicht werden. Bund und Land müssen für alle Aufgaben, die sie den Gemeinden per Gesetz verordnen, einen finanziellen Aus-gleich vorsehen, da sonst die Kommunen nie aus ihren Schulden rauskommen. Und wir sind der Meinung, dass dies auch rückwirkend gelten muss. Wir brauchen nicht nur einen Rettungsschirm für Griechenland, sondern auch einen für die notleidenden Kommunen, denn in erster Linie erleben unsere Bürgerinnen und Bürger den Staat vor Ort in ihrer Gemeinde oder in ihrer Stadt. Ziel muss es sein, alle Kommunen so auszustatten, dass sie ihren Haushalt ohne neue Schulden ausgleichen können, so lange sie nicht über ihre Verhältnisse leben. Wir hier in Herscheid haben nicht in Saus und Braus gelebt und sind mit den vorhandenen Geldern verantwortungsbe-wusst umgegangen.
Zu den unsinnigen Ausgaben zählt auf jeden Fall die Finanzierungsbeteiligung am Fonds Deutsche Einheit, der unseren Haushalt in den nächsten Jahren mit 180.000 bzw. mit 190.000 Euro belasten wird. Einige Kommunen im Osten Deutschlands sind mittlerweile schuldenfrei und benötigen die nach der Wiedervereinigung sicherlich notwendige Aufbauhilfe nicht mehr und legen dieses Geld auf den Finanzmärkten an, weil sie nicht wissen, was sie sonst damit machen sollen. Im Westen dagegen gam-meln Schulen, öffentliche Gebäude und Teile der Infrastruktur vor sich hin. Für die Verteilung von Steuergeldern darf nicht die Himmelsrichtung, sondern es muss die Bedürftigkeit entscheidend sein.
Weiterhin ist die in einen allgemeinen und einen differenzierten Posten unterteilte Kreisumlage in ihrer Gesamthöhe viel zu hoch. Wir hatten alle eine Senkung der Um-lagebelastung erwartet, da der Bund durch die teilweise Übernahme der Kosten bei der Grundsicherung für eine Entlastung der Kreise sorgt. Herscheids Einnahmen aus der Gewerbesteuer und dem Einkommensteueranteil werden zu einem großen Teil von der Kreisumlage aufgefressen. Natürlich leidet der Kreis auch unter dem immen-sen Aufgabenzuwachs, der ihm von anderen Stellen zugewiesen wurde. Allerdings sind wir uns nicht immer sicher, ob der Kreis seine finanziellen Mittel auch wirklich bedarfsgerecht einsetzt und sein Sparwille ausgeprägt genug ist.
Die erste Modellrechnung des Gemeindefinanzierungsgesetzes für das Jahr 2012 sieht bei der Berechnung der Schlüsselzuweisungen mit 810.000 Euro für unsere Gemeinde erstmalig einen Flächenansatz vor. Flächengemeinden wie Herscheid pro-fitieren davon, wenngleich wir uns alle einen noch höheren Ansatz gewünscht hätten, während Kommunen mit hohen Sozialausgaben sich sicher einen noch höheren So-ziallastenansatz wünschen würden. In diesem Fall ist es Aufgabe der Landespolitik, einen Weg zu finden, der allen Beteiligten einigermaßen gerecht wird. Allerdings muss man auch hier die Solidarität der Kommunen untereinander einfordern, um ihre unterschiedlichen Bedürfnisse in Einklang bringen zu können.
Die vom Land zur Verfügung gestellten Pauschalen, wie z. B. die Schulpauschale oder die Sportpauschale haben ihre Berechtigung. Nach Auskunft des Bürgermeis-ters sollen diese aber in Zukunft flexibler eingesetzt werden dürfen, was wir sehr be-grüßen. Wenn man beispielsweise mit viel Aufwand schon vor Einführung der Schul-pauschale seine Schulen in Ordnung gehalten hat, ist es nur sinnvoll, wenn man jetzt das dafür vorgesehene Geld auch für die Erfüllung anderer Aufgaben einsetzen darf, die damals zurückstehen mussten.
Der Haushalt selber spiegelt wichtige sozialdemokratische Forderungen wider.
Die Gebühren für die Bürgerinnen und Bürger werden weitestgehend stabil gehalten. Eine leichte Erhöhung der Abwassergebühren kann durch eine geringfügige Sen-kung der Müllgebühren ausgeglichen werden.
Eine Erhöhung der kommunalen Steuersätze ist nicht vorgesehen und hätte auf kei-nen Fall unsere Billigung gefunden. Die gut gefüllten Auftragsbücher vieler heimi-scher Wirtschaftsunternehmen und die gestiegene Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger sind derzeit noch der Garant, dass Deutschland relativ unbeschadet die eu-ropäische Schuldenkrise erlebt.
Die freiwilligen Leistungen bleiben ebenso in der bisherigen Form bestehen. Sie ma-chen sowieso nur einen geringen Bruchteil der Gesamtausgaben aus und stellen auch eine Belohnung für das Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger dar. Müss-te die Gemeinde auch noch die von vielen ehrenamtlich Tätigen durchgeführten Auf-gaben in eigener Regie erledigen, würde sie schnell an ihre Grenzen stoßen und vie-les würde nicht mehr gemacht werden können.
Die Kosten für die Umgestaltung des Tennenplatzes im Müggenbruch in einen Kunst-rasenplatz sind im Haushalt eingestellt. Die Maßnahme wird zur Freude der Fußbal-ler schon im Sommer 2012 erfolgen. Schon 2004 und 2009 war sie eine der wichtigs-ten Forderungen im Wahlprogramm der SPD Herscheid zu den jeweiligen Kommunalwahlen. Der Wunsch der Leichtathleten auf Erhalt der 400m Bahn konnte ebenfalls erfüllt werden, obwohl er ca. 100.000 Euro Mehrkosten verursacht im Ver-gleich zum reinen Sportplatzbau, der mit etwa 400.000 Euro zu Buche schlägt und von einem Förderverein finanziell unterstützt wird. Wenn die 400m – Bahn in Zukunft gut genutzt wird, werden wir auch über eine Tartanbahn nachdenken müssen.
Das Freibad ist die einzige größere Freizeiteinrichtung in Herscheid. Die für die nächsten Jahre vorgesehene sukzessive Renovierung des Nichtschwimmer- und Schwimmerbeckens und die Einstellung der dafür benötigten Mittel in den Haushalt bzw. in den Finanzplanungszeitraum hält die SPD Fraktion für richtig. Bei entspre-chendem Sommerwetter ist das Freibad nicht nur ein Publikumsmagnet für Her-scheider. Auch die Bürgerinnen und Bürger aus den umliegenden Städten besuchen nicht nur gerne unser Freibad, sonder beneiden uns auch darum. Die Entscheidung des Sportausschusses, die Eintrittsgelder nicht zu erhöhen findet ebenfalls unsere Zustimmung. Richtig ist auch, mit dem für die Erneuerung der Kassenanlage vorge-sehenen Geld die Anschaffung eines neuen Staubsaugers zur Beckenreinigung zu finanzieren.
Kunstrasen und Freibadrenovierung müssen auch im Zuge der familienfreundlichen Weiterentwicklung unserer Gemeinde gesehen werden. Herscheid muss in Zeiten des demographischen Wandels und des zunehmenden Wunsches, Familie und Beruf miteinander besser vereinbaren zu können, im Rahmen der leider bescheidenen fi-nanziellen Möglichkeiten alles tun, um attraktiver und lebenswerter Wohn- und Ar-beitsort zu bleiben. Hierzu gehört auch freundliches Personal im Rathaus, das den Bürgerinnen und Bürgern bei ihren Wünschen unterstützend zur Seite steht. Dies trägt sicher auch dazu bei, dass junge Leute, die in naher Zukunft eine Familie grün-den wollen, gerne in Herscheid leben. Daher können wir die Rufe einiger nach Per-sonalreduzierung im Rathaus nicht teilen, wenn man nicht Gefahr laufen will, den notwendigen Bürgerservice in den Ämtern zu reduzieren.
Allerdings müssen immer wieder die Möglichkeiten einer interkommunalen Zusam-menarbeit mit den Nachbarkommunen überprüft und sich ergebende Einsparpotenti-ale konsequent ausgenutzt werden. Die sich anbahnende Kooperation mit der Stadt Lüdenscheid im Bereich Abwasser ist ein Schritt in die richtige Richtung und könnte zukünftig helfen Ausgaben zu reduzieren.
Die vorgesehenen Investitionen in den Hochwasserschutz in Hüinghausen und die Breitbandförderung finden unsere ungeteilte Zustimmung. Die Möglichkeit des schnellen Zugriffs auf das Internet ist mittlerweile für alle Industriebetriebe notwendig und auch für viele Bürgerinnen und Bürger ein Kriterium für die Wahl des Wohnsit-zes.
Das in diesem Jahr in Auftrag gegebene Städtebauliche Entwicklungskonzept hat zum Ziel Herscheid als attraktiven Wohnort zu erhalten. Die letztlich von der Bera-tungsfirma CIMA und dem Planungsbüro Pesch und Partner durchgeführten Bürger-workshops enthielten viele Anregungen, die es wert sind, weiter verfolgt zu werden. Für ein Mehrgenerationenwohngebiet, in dem sich jung und alt gegenseitig unterstüt-zen, könnte sich beispielsweise die Weiterführung des Haselweges anbieten oder für einen Erlebnisspielplatz, der Angebote für Kleinkinder bis zu den Jugendlichen vor-halten sollte und damit eine Lücke im Spielplatzangebot schließen könnte, die Dorf-wiesen. Es ist richtig, wenn sich externer Sachverstand einmal mit den Herscheider Gegebenheiten auseinandersetzt und man sich bei der Weiterentwicklung der Ge-meinde einem Blick von außen nicht verschließt.
Umso mehr verwundert es uns, dass die CDU Herscheid auf ihrer letzten Jahres-hauptversammlung das gerade mit den Bürgerworkshops angelaufene Entwicklungs-konzept in Bausch und Bogen verdammt. Das hat es in keinster Weise verdient. Auch die heimische Presse bezeichnet schon jetzt das Gemeindeentwicklungskon-zept als Erfolg. Wir begrüßen das Engagement unserer Bürgerinnen und Bürger in den Workshops der Bürgerwerkstatt. Dort werden interessante Projekte für die Ge-meinde entwickelt, wenn sie auch aus Kostengründen nicht alle sofort umgesetzt werden können.
Das Industriegebiet Friedlin erfährt durch den Straßenausbau eine nicht zu unter-schätzende Aufwertung. Ansiedlungswillige Unternehmen sollen sich schon im Rat-haus gemeldet haben und wir hoffen, dass sie sich auch für Herscheid entscheiden werden. Zusätzliche Industriebetriebe bringen der Gemeinde Gewerbesteuereinnah-men und die dort Beschäftigten sorgen evt. für eine Belebung der Wohnungsnach-frage und könnten somit den Einkommenssteueranteil erhöhen.
Mit der Fertigstellung des Kreisels am ehemaligen Frankfurter Kreuz ist die Ver-kehrsanbindung für die heimische Wirtschaft wesentlich verbessert worden. Der Ausbau des Silbergs wird die Verkehrssituation noch weiter verbessern. An den Krei-selgesamtkosten haben sich heimische Unternehmen und Banken zu 10 % beteiligt. Ebenso hat die Stadt Plettenberg mit fachlicher Beratung den Bau unterstützt. Für dieses Engagement ist allen zu danken wie auch dem Geschichts- und Heimatverein, der unter Leitung seines Vorsitzenden Dr. Hüttebräucker zur äußerst gelungenen Gestaltung der Innenfläche des Kreisels beigetragen hat. Nicht nur von Herscheidern hört man immer wieder, dass es der beste und schönste Kreisel weit und breit sei.
Ob die Haushaltsansätze für die Unterhaltung der Straßen und den Winterdienst aus-reichen, kann erst im Frühjahr des nächsten Jahres beurteilt werden. Klar ist, dass sich immer mehr Straßen nicht mehr im besten Zustand befinden. In den nächsten Jahren werden wir mehr Gelder in die Straßenunterhaltung investieren müssen, wenn wir keine Schlaglochpisten haben oder Straßen sperren wollen. Allerdings soll-te überprüft werden, ob durch die Abstufung wenig frequentierter Straßen zu Wirt-schaftwegen nicht Unterhaltungskosten gesenkt werden können.
Die SPD Fraktion hält es für richtig, dass für den Erhalt des Ahehammers Haus-haltsmittel vorgesehen sind. Wir sind schon der Meinung, dass die Gemeinde alles in ihren Möglichkeiten stehende tun soll, um den Ahehammer als herausragendes In-dustrie- und Geschichtsdenkmal auch zukünftig für eine interessierte Öffentlichkeit zu erhalten. Allein schon aus finanziellen Erwägungen können wir uns dabei eine Zu-sammenarbeit mit anderen Institutionen gut vorstellen.
Die SPD Fraktion hat sich auf ihrer Klausurtagung am 19. November eingehend mit dem Doppelhaushalt 2012/13 beschäftigt. Wie wir dort schon angekündigt haben, werden wir ihm mit all seinen Anlagen zustimmen.
Rat und Verwaltung haben im vergangenen Jahr versucht, ihre Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen zum Wohle unserer Gemeinde zu versehen.
Für die konstruktive Zusammenarbeit bedanke ich mich bei Ihnen, sehr geehrter Herr Bürgermeister, und bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung so-wie beim Bauhof und in den Gemeindewerken ganz herzlich.
Auch den Kolleginnen und Kollegen im Rat danke ich für die vertrauensvolle Zu-sammenarbeit, bei der in der Sache zwar hart, aber immer ohne persönliche Verun-glimpfungen gerungen wurde.
Unser besonderer Dank gilt aber auch all denjenigen, die sich ehrenamtlich in Verei-nen, Verbänden, Institutionen, Kirchen, Feuerwehr, DRK oder auch in aller Stille für andere Menschen und die Gemeinschaft einsetzen. Dieses ehrenamtliche Engage-ment erspart der Gemeinde nicht nur immense Kosten, sondern ist ein wichtiger Bei-trag, der den Zusammenhalt in der Gemeinde fördert. Alle Zuschüsse und freiwilligen Leistungen an Vereine, Verbände und soziale Einrichtungen sind daher gut angeleg-tes Geld.
Ihnen allen wünschen wir eine angenehme Restadventszeit, die nicht nur von der Hektik des Weihnachtstrubels bestimmt wird, sondern auch Platz für Besinnung lässt, ein friedliches Weihnachtsfest im Kreise Ihrer Familien und einen guten Rutsch ins Neue Jahr.