
Haushaltsrede
der SPD Fraktion im Rat der Gemeinde Herscheid zum Haushalt 2011 am 13.12.2010
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine Damen und Herren,
der im September des Jahres vom Bürgermeister eingebrachte Haushalt für das Jahr 2011 ist der zweite Haushalt, den wir in diesem Jahr verabschieden. Hintergrund ist die unsinnige Anweisung des ehemaligen Regierungspräsidenten Diegel, dass Nothaushaltskommunen ihren Haushalt bis zum 30. November verabschiedet haben müssen, damit die Kommunal-aufsicht noch rechtzeitig regulierend eingreifen kann.
Ein Teil der notwendigen Eckdaten, wie z. B. verlässliche Steuerschätzungen des Landes werden erst im Dezember erhoben. Andere Daten, wie z. B. die Höhe der Kreisumlage, die auf jeden Haushalt einen nachhaltigen Eindruck ausübt, bleiben weiterhin eine Unbekannte. Der Kreis, der ja dafür bekannt ist, seine Probleme auf die Mitgliedskommunen abzuwälzen anstatt selber kreativ zu werden, wird seinen Haushalt vor März 2011 nicht verabschieden und damit in absehbarer Zukunft keine verlässliche Daten liefern. Der Haushalt wird somit z. T. zur Kaffeesatzleserei. Wir hoffen, dass die neue Landesregierung den Kommunen zukünf-tig realistischere Fristen einräumt.
Den Wunsch des Bürgermeisters, im nächsten Jahr einen Doppelhaushalt einzubringen, unterstützen wir vorbehaltlos. Der Arbeitsaufwand der Verwaltung wird dadurch geringer, die eingesparten Kapazitäten können an anderer Stelle nutzbringender eingesetzt werden.
Wie 137 der 396 Kommunen in NRW wird sich Herscheid auch weiterhin im Nothaushalts-recht befinden. Auf Grund der anziehenden Konjunktur werden der Einkommenssteueranteil und die Gewerbesteuereinnahmen steigen. Dies wird für eine dauerhafte Erholung der Ge-meindefinanzen aber auf gar keinen Fall ausreichen. Wir können nur hoffen, dass sich die Wirtschaftslage auf Dauer erholt und so zu einer Verbesserung der Gemeindefinanzen bei-trägt. Führende Wirtschaftsinstitute prognostizieren dies zwar, die Frage ist nur, ob man ih-nen trauen kann. Denn die Finanzkrise haben sie auch nicht vorhergesagt und als sie da war, haben sie eine Erholung in weite Ferne gerückt.
Mittlerweile scheint sich nach Jahrzehnten des Verdrängens und Aussitzens bei allen Ver-antwortlichen herumgesprochen zu haben, dass nur eine umfassende Gemeindefinanzre-form viele Kommunen vor dem finanziellen Kollaps bewahren kann. In erster Linie ist hierfür die ständige Kostenverlagerung durch Bund, Land und Kreis auf die Städte und Gemeinden verantwortlich. Wie heißt es doch so schön: Den letzten beißen die Hunde. Neue Belastun-gen der Kommunen dürfen nicht mehr ohne finanziellen Ausgleich beschlossen werden. Wer bestellt, muss auch bezahlen.
Die Bürgerinnen und Bürger brauchen handlungsfähige Kommunen, damit sie ihre vielfälti-gen Leistungen der Daseinsvorsorge und eine moderne Infrastruktur vorhalten können. Vor-aussetzung dafür ist eine aufgabengerechte und stabile Finanzausstattung. Hier spielt die Gewerbesteuer auf der Einnahmenseite eine wichtige Rolle. Natürlich ist sie konjunkturab-hängig, aber für Herscheid unverzichtbar. Gedankenspiele zu ihrer Abschaffung können nur dann greifen, wenn man einen adäquaten und darüber hinaus konjunkturunabhängigeren Ersatz hat. Ein solcher ist mir zumindest nicht bekannt.
Die erwartete Nachzahlung von 100.000 Euro durch das Land NRW an Herscheid ist ein Schritt in die richtige Richtung. Sie stärkt die Finanzausstattung der Kommunen. In Anbet-racht der hohen Neuverschuldung ist es aber letztendlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ziel muss es sein, die Kommunen so auszustatten, dass sie ihren Haushalt ohne neue Schulden ausgleichen können.
Die Schuldenentwicklung in der Gemeinde betrachten wir mit Sorge. Auf Grund der zurzeit günstigen Zinsen konnten in letzter Zeit drei Millionen Euro in langfristige Kredite umge-schuldet werden. Für die Kassenkredite müssen momentan nur 0,5 % Zinsen aufgebracht werden. Ein steigender Zinssatz würde die Gemeinde schnell vor riesige Probleme stellen, vor allem wenn die vorgesehene Höchstsumme von 9,5 Mio. Euro über längere Zeit in An-spruch genommen werden muss.
Der Fonds Deutsche Einheit – die Finanzierungsbeteiligung Herscheids ist für das Jahr 2011 im Haushalt mit 208.000 Euro veranschlagt – ist uns auch weiterhin ein Dorn im Auge. Einige Städte im Osten Deutschlands sind mittlerweile schuldenfrei und benötigen diese Aufbauhilfe nicht mehr, während vielen Kommunen im Westen die Luft zum Atmen fehlt. Für die Vertei-lung von Steuergeldern darf nicht die Himmelsrichtung, sondern es muss die Bedürftigkeit entscheidend sein.
Eine Erhöhung der kommunalen Steuersätze ist nicht vorgesehen. Das ist gut so, denn sie hätten auf keinen Fall unsere Billigung gefunden. Die Bürgerinnen und Bürger, aber auch die heimische Wirtschaft sind im Augenblick mehr als genug belastet.
Die freiwilligen Leistungen werden auch nicht gekürzt. Das ist ebenfalls gut so, denn sie betragen weniger als ein Prozent des Etats und stellen für die Vereine und Verbände u. a. eine Belohnung ihres ehrenamtlichen Engagements dar. Sparen in diesem Bereich wäre kontraproduktiv.
Bei der Einbringung des Haushalts hat der Bürgermeister die familienfreundliche Weiterent-wicklung der Gemeinde als Ziel ausgegeben. Darin unterstützen wir ihn. Die Aufwertung der Rathausumlage durch zusätzliche Spielgeräte findet unsere Zustimmung. Überlegenswert scheint uns auch der Gedanke, den Kirchplatz im Zentrum von Herscheid durch geeignete Verschönerungsmaßnahmen aufzuwerten. In diesem Zusammenhang begrüßen wir die Durchführung eines städtebaulichen Entwicklungskonzeptes ausdrücklich. Es ist richtig und gut, den Rat externer Fachleute bei der Weiterentwicklung unserer Gemeinde einzuholen, zumal die Kosten für ein solches Gutachten förderfähig sind und daher zumindest teilweise erstattet werden.
Nach Auskunft des Bürgermeisters gibt es bauwillige Familien, die gerne in der Nähe des Ortszentrums ansässig würden, aber nicht bestehende Baulücken nutzen möchten oder können. Wenn dem so ist, sollten wir schnellstens die Voraussetzungen für zentrumsnahe Neubauflächen schaffen. Auf junge Familien können wir nicht verzichten, denn der demo-graphische Wandel macht auch vor Herscheid nicht Halt. Ein Windelbonus bei der Müllab-fuhr oder ein nach Kinderzahl gestaffelter Grundstückspreis könnten Herscheid für junge Familien attraktiver machen. Obwohl von uns schon mehrfach gefordert fanden beide Vor-schläge noch nicht den Weg auf die Tagesordnung.
Schon in der letzten Haushaltsrede haben wir die Verwaltung zur Gründung eines runden Tisches oder eines Arbeitskreises aufgefordert, um dort geeignete Maßnahmen zur Steige-rung der Familienfreundlichkeit zu erarbeiten. Vorsichtige Äußerungen des Bürgermeisters deuten darauf hin, dass unsere Forderung in diesem Jahr verwirklicht wird. Das lokale Bünd-nis für Familien, das sich in Herscheid leider nicht durchsetzen konnte, wäre ein ideales Gremium zur Erörterung solcher Fragen gewesen.
Zur Verbesserung der Familienfreundlichkeit gehört für uns auch die Renovierung und Mo-dernisierung des Freibades, der einzigen größeren Freizeiteinrichtung in Herscheid, sowie die Umgestaltung des Aschenplatzes im Müggenbruch in einen Kunstrasenplatz. Nach dem positiven Bodengutachten ist hierfür der Weg frei, zumal auch ein Förderverein für eine spürbare Entlastung der Gemeinde sorgt. Das nächste Jahr muss für die notwendigen Pla-nungen genutzt werden, in denen auch die Gestaltung der leichtathletischen Anlagen Be-rücksichtigung findet. In der Finanzplanung für die nächsten Jahre sind sowohl für das Frei-bad als auch für den Sportplatz die notwendigen Mittel vorgesehen, was unsere ausdrückliche Zustimmung findet.
Die vom Land zur Verfügung gestellten Pauschalen sind wichtig und richtig, aber sollten fle-xibler eingesetzt werden dürfen. Dank der Schulpauschale sind unsere Schulen gepflegt und in Ordnung. Was würde bei der Ausgangslage dagegen sprechen, einen Teil der Schulpau-schale in den Bau des Kunstrasenplatzes umzuleiten, der den Schülern auch zu gute kommt, wenn sie in den Jugendabteilungen Fußball spielen oder wenn der Sportunterricht mal auf den Sportplatz verlegt wird?
Zur Gestaltung des alten Schulplatzes sind für 2012 Mittel von 200.000 Euro vorgesehen bei einer erhofften Förderung von 40 %. Das hätte schon längst erledigt sein können! Noch zu Bürgermeister Schütz Zeiten waren im Haushalt 2006 die gleichen Mittel bei allerdings deut-lich höherer Förderung vorgesehen. Bei jeder Förderung gibt es Kriterien, nach denen sie vergeben wird. Das war damals so und ist auch heute noch so. Weil diese aber der CDU und der UWG nicht in den Kram passten, lehnten sie das ganze Projekt ab und ließen den alten Schulplatz lieber in einem schlechten Zustand zurück, den sie jetzt öffentlichkeitswirksam beklagen. Getan werden muss was beim alten Schulplatz. Nur, es hätte schon längst erledigt sein können, wenn CDU und UWG damals kompromissbereiter und nicht so engstirnig ge-wesen wären.
Der Zustand unserer Straßen hat im letzten Winter stark gelitten. Auf Grund der Wetterlage müssen wir davon ausgehen, dass es in diesem Winter wieder zu überdurchschnittlichen Schäden kommen wird. Inwieweit mit den im Haushalt zur Verfügung gestellten Geldern eine vernünftige Sanierung durchgeführt werden kann, kann erst im Frühjahr endgültig beurteilt werden. Im Notfall müssen überplanmäßige Gelder bereit gestellt werden, denn die Sicher-heit der Bürgerinnen und Bürger darf zu keinem Zeitpunkt gefährdet sein. Dies gilt natürlich auch für die ordnungsgemäße Durchführung des Winterdienstes.
Die Herunterstufung von Straßen zu Wirtschaftswegen, um Unterhaltungskosten zu senken, wie z. B. beim Sängerweg in Friedlin ist schon seit Jahren Bestandteil des Haushaltssiche-rungskonzeptes. Allerdings fehlen noch immer die von der Verwaltung angekündigten Vor-schläge hierzu. Wir würden sie auf jeden Fall unvoreingenommen prüfen.
Durch die Wiedereingliederung des Bauhofes in den Kernhaushalt soll der Verwaltungsauf-wand geringer werden. Der eingesparte Stellenanteil kann anderweitig eingesetzt werden. Trotz hoher Personalkosten halten wir eine Stellenreduzierung im Bauhof und in der Verwal-tung für kontraproduktiv. Wir wollen, dass die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger zeitnah und kompetent bearbeitet werden. Das setzt eine gewisse Personalstärke voraus. Allerdings muss immer wieder überprüft werden, in wie fern Aufgaben extern kostengünstiger erledigt werden können, wobei aber nicht die Qualität leiden darf. Ebenso muss bei allen Aufgaben die Möglichkeit einer interkommunalen Zusammenarbeit mit den Nachbarkommunen über-prüft und sich ergebende Einsparpotentiale konsequent ausgenutzt werden
Die SPD Fraktion hat sich auf ihrer Klausurtagung im Oktober eingehend mit dem Haushalt 2011 beschäftigt. Wir werden ihm mit all seinen Anlagen zustimmen.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, bei Ihnen, aber auch bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mit-arbeitern in der Verwaltung sowie im Bauhof und in den Gemeindewerken möchten wir uns für die konstruktive Zusammenarbeit im vergangenen Haushaltsjahr bedanken.
Auch den Kolleginnen und Kollegen im Rat danken wir für die vertrauensvolle Zusammenar-beit in der Vergangenheit.
Ein besonderes Dankeschön richten wir aber auch an all diejenigen, die sich ehrenamtlich in Vereinen, Verbänden, Institutionen, Kirchen, Feuerwehr, DRK oder auch in aller Stille für andere Menschen und die Gemeinschaft einsetzen. Ohne deren uneigennützigen Einsatz wäre unser Gemeindeleben ein großes Stück ärmer.
Ihnen allen wünschen wir eine angenehme und nicht zu hektische Restadventszeit, ein fried-liches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Neue Jahr.