
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine Damen und Herren,
der am 25. Januar diesen Jahres vom Bürgermeister eingebrachte Haushalt für das Jahr 2010 weist ein Defizit von gut 3,3 Mio. Euro aus. Damit befinden wir uns – wie 39 von 52 Kommunen im Regierungsbezirk Arnsberg auch – weiter im Nothaushaltsrecht, da realistischerweise für den Finanzplanungszeitraum bis 2013 kein Haushaltsausgleich erwartet werden kann. Der Einbruch bei den Gewerbesteuereinnahmen um etwa 80 % und das Zurückgehen der Einnahmen aus der Einkommenssteuer um gut 400.000 Euro als Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise können von einer kleinen Kommune wie Herscheid nicht kompensiert werden, zumal auch die Ausgaben stetig steigen.
Die Kreisumlage in Höhe von 4,3 Mio. Euro frisst fast die kompletten Steuereinnahmen der Gemeinde in Höhe von knapp 4,8 Mio. Euro auf.
Muss das sein?
Sicher treffen die steigenden Sozialausgaben den Kreishaushalt auch hart. Aber die Defizitquote des Kreises liegt bei 2,68 %, während die durchschnittliche Haushaltsbelastung der Kommunen des Märkischen Kreises durch ihre Defizite mit etwa 25 % zehnmal höher liegt. Natürlich würden geringere Einnahmen aus der Kreisumlage einen vorzeitigen Einstieg des Kreises in die Haushaltssicherung bedeuten. Aber in dem befinden sich mittlerweile fast alle Kommunen des Märkischen Kreises. Ein Vorteil wäre, dass dann im HSK die Arbeit in der Kreisverwaltung auf jeden Fall effektiver organisiert werden müsste und das Thema Sparen von der Kommunalsaufsicht endlich auf die Tagesordnung gesetzt würde. Wir würden uns z. B. wünschen, dass alle Arbeitnehmer ihre Frühstückspause bezahlt bekämen. Aber wer kann sich so etwas heute noch erlauben? Nur der Märkische Kreis leistet sich das. Ob er es sich allerdings wirklich leisten kann, ist eine andere Frage.
Auf der anderen Seite kann man ja froh sein, dass es Landrat und Kreiskämmerer gelungen ist, die Sorgen und Nöte der Kommunen dem Arnsberger Regierungspräsidenten transparent zu machen. Der sagte nach diesem Gespräch doch tatsächlich, dass er das alles so noch gar nicht gewusst habe. Wo leben wir eigentlich, wenn Aufsichtsbehörden sich offen-sichtlich so ahnungslos zeigen?
Auf der Ausgabenseite steigt der Anteil der Aufgaben, den Bund und Land auf die Kommunen abwälzen, stetig an, ohne dass dafür ein Ausgleich geschaffen wird. Wer Kosten verursachende Gesetze verabschiedet und seien diese auch noch so sinnvoll -, darf deren Bezahlung nicht auf andere Ebenen abschieben.
Ein gerechteres Gemeindefinanzierungssystem, das die Kommunalfinanzen grundlegend verbessert und sie von konjunkturellen Schwankungen unabhängiger macht, wird seit vielen Jahren von allen Seiten gefordert. Versprochen wurde mittlerweile auch viel, umgesetzt aber gar nichts. Hoffentlich werden Merkel, Westerwelle, Rütgers und Co nicht erst dann wach, wenn in den Kommunen auch das letzte Licht ausgegangen ist.
Der Solidarfond Deutsche Einheit, den Herscheid noch mit immerhin 75.000 Euro speist, gehört abgeschafft. So sinnvoll er nach der Wende auch war, aber mittlerweile sind manche Städte im Osten Deutschlands, so wie Plettenbergs Partnerstadt Schleusingen, auf Grund der ihnen in der Vergangenheit zugewiesenen Gelder schuldenfrei und benötigen diese Aufbauhilfe nicht mehr, während vielen Kommunen im Westen die Luft zum Atmen fehlt. Nicht nach Himmelsrichtung, sondern nach Bedürftigkeit müssen Steuergelder verteilt werden.
Eine Erhöhung der Gewerbe- bzw. Grundstücksteuern steht für uns nicht zur Diskussion. Sowohl die heimische Wirtschaft als auch die Bürgerinnen und Bürger sind durch die Wirtschaftskrise und viele andere Zusatzbeiträge wie z. B. bei der Krankenkasse oder diverse Preiserhöhungen mehr als genug belastet.
Die freiwilligen Leistungen, die weniger als ein Prozent des Etats ausmachen, sind für uns unantastbar. Sie stellen für die Vereine und Verbände auch eine Belohnung ihres ehrenamtlichen Engagements dar und sind eigentlich viel zu niedrig angesetzt. Sparen in diesem Bereich wäre völlig inakzeptabel.
Bestimmte Aufgaben müssen weiter verfolgt werden, damit Herscheid auch in Zukunft eine lebens- und liebenswerte Gemeinde bleibt.
In diesem Jahr wird im Freibad das Babybecken modernisiert, für die nächsten Jahre ist die sukzessive Modernisierung der Nichtschwimmer- und Schwimmerbecken vorgesehen. Das Freibad ist die einzige größere Freizeiteinrichtung in Herscheid und findet über die Gemein-degrenzen hinaus großen Zuspruch. Der jährliche Zuschussbedarf von knapp einer viertel Millionen Euro ist zwar kein Pappenstiel, aber unser Schmuckkästchen an der Unterdorfstraße sollte uns den Zuschuss wert sein. Natürlich muss es ständige Aufgabe der Verwaltung sein z. B. bei den Strom- oder Heizkosten nach Einsparmöglichkeiten zu suchen.
Nach der Erstellung des Bodengutachtens für den Sportplatz im Müggenbruch können die Kosten für die Umgestaltung des Tennenplatzes in einen Kunstrasenplatz genau ermittelt und die Umsetzung dann geplant werden. Allerdings drängt die Zeit. Immer mehr Herscheider Fußballer und darunter auch viele Jugendliche – verlassen die heimischen Fußballvereine und schließen sich einem Verein in der Nachbarschaft mit einem Kunstrasenplatz an. Diese Problematik hat die SPD Fraktion schon vor einigen Jahren erkannt und den Fußballvereinen bei ihrer berechtigten Forderung nach einem Kunstrasenplatz Unterstützung zugesagt. Mittlerweile haben die anderen im Rat vertretenen Parteien auch eingesehen, dass Herscheid keine Aschenplatzinsel im Märkischen Kreis werden darf. Gemeinsam sollten wir diese Aufgabe im Rahmen der Landeszuweisungen und mit Unterstützung des Fördervereins stemmen können. Auf keinen Fall dürfen wir die dafür in der Finanzplanung für die Jahre 2012 und 2013 vorgesehenen Gelder nach hinten verschieben. Vielmehr sollten alle Möglichkeiten überprüft werden, das Vorhaben um ein Jahr vorzuziehen, um den Fußball spielenden Vereinen Planungssicherheit zu geben.
Der Zustand unserer Straßen lässt immer mehr zu wünschen übrig. Inwieweit mit den im Haushalt zur Verfügung gestellten Geldern eine vernünftige Sanierung durchgeführt werden kann, kann erst nach dem Winter endgültig gesagt werden. Im Notfall müssen überplanmäßige Gelder bereit gestellt werden, denn die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger darf zu keinem Zeitpunkt gefährdet sein.
Die mehr als dringend erforderliche Sanierung der L 561 ist nicht Aufgabe der Kommune, sondern des Landesbetriebs Straßen NRW. Anfang April soll damit begonnen werden. Hoffentlich werden die Arbeiten dann zügig durchgeführt und nicht wie die Arbeiten im Silberg, die nach dem ersten Spatenstich mehr als ein halbes Jahr ruhten.
Wenn das Projekt in den Dorfwiesen nicht mehr in diesem Jahr umgesetzt werden kann und damit kein privater Investor für die zusätzlichen Kreiselkosten am Frankfurter Kreuz aufkommen wird, muss der Landesbetrieb Straßen die Kreiselkosten in voller Höhe übernehmen. Er darf auf gar keinen Fall nur die vorhandene Kreuzung mit Ampelanlage sanieren. Kreisel als Verkehrsknotenpunkte bieten eine größere Verkehrssicherheit für alle Verkehr-teilnehmer und lassen den Verkehr insgesamt flüssiger laufen. Überall werden vom Landes-betrieb daher Kreisel gebaut, warum kann das nicht auch in Herscheid geschehen?
Die Herunterstufung von Straßen zu Wirtschaftswegen, um Unterhaltungskosten zu senken, wie z. B. beim Sängerweg in Friedlin ist Bestandteil des Haushaltssicherungskonzeptes. Allerdings fehlen noch immer die von der Verwaltung angekündigten Vorschläge hierzu. Wir würden sie auf jeden Fall unvoreingenommen prüfen.
Die interkommunale Zusammenarbeit mit den Nachbarkommunen muss dort, wo es möglich ist, ausgebaut werden. Allerdings sind dem Ausbau natürliche Grenzen gesetzt. Denn wenn z. B. in Plettenberg eine Schneefräse gebraucht wird, wird diese mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Herscheid benötigt werden.
Die Personalkosten in der Verwaltung und im Bauhof müssen einer ständigen Aufgabenkritik unterzogen werden. Ob sich allerdings größere Einsparpotentiale in der nächsten Zeit ermitteln lassen, bleibt mehr als fraglich. Dieser Winter hat uns eindrucksvoll gezeigt, dass die Personalstärke im Bauhof für die ordnungsgemäße Durchführung des Winterdienstes ausreichend sein muss. Will man guten Bürgerservice in der Verwaltung, muss man auch das dafür notwendige Personal bereit stellen. Sollte allerdings die Vorhersage zutreffen, dass in den nächsten Jahren der Bevölkerungsrückgang in Herscheid immer weiter voranschreitet, werden sich ergebende Einsparpotentiale gewissenhaft geprüft werden müssen.
An dieser Stelle müssen Verwaltung und Politik tätig werden. Mit Maßnahmen, die der Familienfreundlichkeit dienen, können wir dem Bevölkerungsrückgang entgegen wirken. Dies können schon kleine Dinge sein, die keine immensen Kosten verursachen, wie z. B. der von der SPD Fraktion geforderte Windelbonus für junge Familien bei der Müllabfuhr oder ausreichend breite Gehwege, die von einem Kinderwagen gefahrlos befahren werden können, ohne in ständiger Sorge zu sein, ein parkendes Auto zu beschädigen. Eine Überprüfung dieser beiden Anliegen wurde von der Verwaltung zugesagt, sie sind aber bis zum heutigen Zeitpunkt nicht wieder auf die Tagesordnung gesetzt worden.
Wir fordern die Verwaltung auf, geeignete Maßnahmen zur Steigerung der Familienfreund-lichkeit zu erarbeiten. Dies könnte z. B. an einem runden Tisch oder in einem Arbeitskreis geschehen. Eingeladen werden sollten alle, die sich für diese Thematik interessieren.
Wenn sich genügend Bewerber für Baugrundstücke innerhalb des Ortskerns finden, sollten wir schleunigst kleinere Baugebiete dort erschließen, wenn bestehende Baulücken für diesen Kreis nicht in Frage kommen. Wir können es uns in unserer Situation nicht erlauben auf diese Neubürger zu verzichten. Die Verwaltung muss hier schleunigst handeln. Als kleine Neubaugebiete könnten wir uns gut die Verlängerung des Haselweges an der Helle oder das Gebiet oberhalb der Bergstraße am Rahlenberg vorstellen. Daneben muss die Werbung sowohl für die Neubaugebiete am Grenzweg in Hüinghausen und den Hofwiesenweg in Friedlin als auch das Industriegebiet in Fiedlin intensiviert werden. Ohne Neubürger werden wir den für die nächsten Jahren prognostizierten Bevölkerungsrückgang nicht aufhalten können.
In diesem Zusammenhang sollte auch überprüft werden, inwieweit man nicht Bauwilligen mit Kindern einen Teil des Grundstückes schenken oder bei der Finanzierung Sonderkonditionen gewähren kann.
So wie es aussieht, ist die Hauptschule mit einer genehmigten Eingangsklasse unter der gesetzlich vorgesehenen Mindestschülerzahl, die sich allerdings zu einem großen Teil aus den benachbarten Kommunen zusammensetzt, für das nächste Schuljahr gerettet. Dem Kollegium um Schulleiter Manfred Klose ist das zu gönnen, denn sie haben sich in hervorragender Weise für ihre Schule eingesetzt und das Schulprofil positiv geschärft. Die hohe Zahl der Schulabgänger, die sofort eine Lehrstelle finden, ist ein weiteres Indiz für die Qualität der dort geleisteten Arbeit. Doch wie wird oder wie kann es weitergehen? Die Geburtenzahlen gehen weiter zurück, die Akzeptanz der Schulform Hauptschule schwindet innerhalb der Elternschaft immer mehr. Wenn wir auch die Herscheider Hauptschule in Rahlenbergschule umbenannt haben, bleibt sie trotzdem innerhalb des dreigliedrigen Schulsystems eine Hauptschule. Und hier liegt der Casus Knaktus. Bis auf die CDU haben in NRW mittlerweile alle Parteien erkannt, dass das dreigliedrige Schulsystem nach der vierjährigen Grundschule in der jetzigen Form nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. Es wird einerseits der Schülerschaft nicht mehr gerecht und andererseits werden viele kleinere Kommunen ihr Schulangebot schließen müssen, weil schlicht und ergreifend nicht mehr genügend Schüler dafür da sind. Nur ein längeres gemeinsames Lernen aller Schüler kann unserer Meinung nach langfristig ein Schulangebot über die Grundschule hinaus für Herscheid sichern.
Interessant ist in diesem Zusammenhang noch der Streit zwischen dem Landtagsabgeordne-ten Bernd Schulte und dem Regierungspräsidenten Helmut Diegel, beide CDU, wer denn nun für die Genehmigung der Eingangsklasse verantwortlich ist. Wenn man seine Zeit mit der Klärung solcher Eitelkeiten verbringt, ist es nicht verwunderlich, dass man bei der Lösung größerer Probleme auf der Stelle tritt.
Die im Haushalt veranschlagten Investitionsmaßnahmen von 1,6 Mio. Euro sind sinnvoll und finden unsere Zustimmung. Zudem sind sie durch Landeszuweisungen gedeckt, die sonst zurückgezahlt werden müssten. Wir verzichten an dieser Stelle darauf, im Einzelnen auf sie näher einzugehen. Einiges mehr wäre wünschenswert, wäre aber nur durch eine zusätzliche Kreditaufnahme möglich und von daher utopisch. Die Gestaltungsspielräume werden wohl auch in den nächsten Jahren immer enger. Ein weiteres Sparen, wie von einigen CDU Lan-despolitikern in Düsseldorf populistisch gefordert, ist zumindest in Herscheid kaum noch möglich, wenn man nicht die vorhandene Substanz gefährden will. Wir werden in Zukunft gut überlegen müssen, wie wir die Landeszuweisungen am besten für eine sinnvolle Weiterentwicklung unserer Gemeinde anlegen wollen. Darüber hinaus werden sich uns wohl so schnell keine weiteren Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen.
Die SPD Fraktion hat sich auf ihrer Klausurtagung eingehend mit dem Haushalt 2010 beschäftigt. Wir sind zu der Erkenntnis gelangt, dass wir ihm mit all seinen Anlagen zustimmen können.
Wir möchten die Gelegenheit nutzen, uns bei Ihnen, Herr Bürgermeister, für die konstruktive Zusammenarbeit im vergangenen Haushaltsjahr zu bedanken und Sie bitten, diesen Dank auch an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung sowie im Bauhof und in den Gemeindewerken weiterzuleiten.
Auch den Kolleginnen und Kollegen im Rat danken wir für die vertrauensvolle Zusammenarbeit im abgelaufenen Jahr.
Ein besonderes Dankeschön richten wir aber auch an all diejenigen, die sich ehrenamtlich in Vereinen, Verbänden, Institutionen, Kirchen, Feuerwehr, DRK oder auch in aller Stille für andere Menschen und die Gemeinschaft einsetzen. Ohne deren uneigennützigen Einsatz wäre unser Gemeindeleben ein großes Stück ärmer. Daher haben sie unsere Unterstützung in jedem Fall verdient.