
Flexible und individuelle Betreuungszeiten sowie bessere frühkindliche Förderung sind die Kernziele des viel diskutierten Kinderbildungsgesetzes NRW (KiBiz).
Knapp ein Jahr nach Einführung des Gesetzes fällt die Bilanz eher ernüchternd aus, kritisiert die Leiterin des DRK- Kindergartens Herscheid, Wieslawa Klimek, im Gespräch mit dem SPD- Bürgermeisterkandidaten Wolfgang Vöpel und dem Vorsitzenden des SPD- Ortsvereins, Jörg Utermann.
Von Flexibilität könne keine Rede sein weder für die Eltern noch für den Träger, so Klimek. Die im Gesetz vorgegebenen drei Betreuungsvarianten von 25, 35 oder 45 Stunden pro Woche müssten von den Eltern bereits im Dezember für das kommende Kindergartenjahr verbindlich gebucht werden. Danach richte sich der Personalschlüssel in der Einrichtung. Mit der Folge, dass die Zahl der Mitarbeiter je nach Buchungsverhalten der Eltern von Jahr zu Jahr Schwankungen unterworfen sei.
Werden weniger Stunden gebucht, muss der Personalschlüssel nach unten angepasst werden, kritisiert Klimek. Das sorge nicht nur für Unruhe bei den Mitarbeitern, sondern bringe auch für die Einrichtung Schwankungen in der Jahresplanung. Weiterer Kritikpunkt: Die frühzeitige und verbindliche Buchung der Zeiten mache es für Eltern unmöglich, flexibel auf Veränderungen bei den eigenen Arbeitszeiten zu reagieren.
Ein weiteres Problem in diesem starren Buchungssystem der Betreuungszeiten ist, wenn ein Kind oder mehrere während des Kindergartenjahres aufgenommen werden. Da wird von uns Flexibilität verlangt, die wir in dem vorgegebenen Personalschlüssel nicht haben, so Klimek. Diese Flexibilität gehe zu Lasten der Einrichtung bzw. der Mitarbeiter, auf die dann Mehrabeit zukomme. Eine Anfrage abzulehnen sei aber problematisch, weil Eltern oder Alleinerziehende in diesem Fall häufig niemanden für ihre Kinderbetreuung haben.
Ein großes Problem sieht Klimek in einer mittelfristig sich abzeichnenden Überalterung der Erzieherinnen und der daraus resultierenden Gefahr eines erhöhten Krankenstandes bei älteren Fachkräften, die den hohen Belastungen ihres anspruchsvollen Berufsalltags nicht mehr gewachsen seien. Auch hier sei das neue Kindergartengesetz kontraproduktiv. Nach dem alten Gesetz erhielten Erzieherinnen während der Ausbildung für ihr Anerkennungsjahr den größten Anteil ihres Gehaltes vom Land NRW bzw. vom jeweiligen Träger der Jugendhilfe. Die neue Gesetzeslage sieht aber vor, dass die Träger die gesamten Lohnkosten übernehmen. Weil aber kein Träger voraussehen kann, wie hoch das finanzielle Budget für das nächste Kindergartenjahr ausfallen wird, stellen nur wenig Träger eine Erzieherin für das im Rahmen der Ausbildung geforderte Anerkennungsjahr ein.
Die Folge sei, so Klimek, dass Erzieherinnen im Anerkennungsjahr meist unentgeltlich arbeiten müssten, was unzumutbar sei. Die dringend notwendige Nachwuchsförderung in diesem Beruf erhalte so einen erheblichen Dämpfer.
Veröffentlicht am 15.07.2009 in der Westfälischen Rundschau