Haushaltsrede der SPD Fraktion am 30.03.2009

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine Damen und Herren,

nachdem schon der am 10. Dezember des letzten Jahres vom Bürgermeister eingebrachte Haushalt für das Jahr 2009 nur durch die Aufzehrung der Ausgleichsrücklage von 1,5 Mio. € und eine Verringerung der Allgemeinen Rücklage um 0,5 Mio. € auszugleichen war, haben wir nun den Salat. Die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise lassen die Gewerbesteuereinnahmen weg brechen. Zurzeit sind sie mit 0,9 Mio. € angesetzt. Ob wir diese minimale Summe überhaupt erreichen werden, steht noch in den Sternen. Auch bei der Einkommenssteuer müssen wir auf Grund des massiven Wirtschaftseinbruchs mit einem geringeren Aufkommen rechnen. Das bedeutet, dass das neue Defizit aktuell 3,745 Mio. € beträgt und wir uns wieder im Nothaushaltsrecht befinden, da realistischerweise bis 2012 kein Haushaltsausgleich zu erwarten ist.
Nur wo sollen wir noch sparen oder Mehreinnahmen erzielen?
Grund- und Gewerbesteuern wurden im letzten Jahr erhöht. Dabei haben wir den Bürgerinnen und Bürgern versprochen, dass bis 2011 keine weiteren Hebesatzanpassungen erfolgen werden. Und daran werden wir uns genauestens halten.
Eine weitere Kürzung der freiwilligen Leistungen nach 2002 und 2005 um jeweils 10% wäre kontraproduktiv und kommt für uns nicht in Frage. Denn sie stellen mit 0,37 % eh nur einen geringen Bruchteil des Gesamthaushalts dar und müssen auch als Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements vieler Bürgerinnen und Bürger gesehen werden.
Ebenso wollen wir auf jeden Fall gemeindliche Einrichtungen wie Jugendzentrum, Warmwasserfreibad oder Sportplatz erhalten. Wir werden uns aber nicht der Suche nach Optimierungsmöglichkeiten bei deren Bewirtschaftung verschließen.
Bei den im Haushalt veranschlagten Investitionsmaßnahmen brauchen wir nicht nach Einsparmöglichkeiten zu suchen, da sie alle durch Pauschalzuweisungen gedeckt sind, die sonst zurückgezahlt werden müssten.
Unser Haushaltsproblem werden wir nicht hier in Herscheid lösen können, wie auch viele andere Kommunen in NRW ihres nicht selbst lösen werden.
Das Gemeindefinanzierungssystem muss dringend neu geregelt werden, um die Kommunalfinanzen grundlegend zu verbessern und sie von konjunkturellen Schwankungen unabhängiger zu machen. Fände z. B. die Fläche als Faktor bei der Berechnung des Gemeindefinanzausgleichs mehr Berücksichtigung, würde unsere Gemeinde davon profitieren.
Auch der Fonds Deutsche Einheit muss dringend auf den Prüfstand. Nicht nach Himmelsrichtung, sondern nach Bedürftigkeit müssen die Gelder verteilt werden. Es kann nicht sein, dass Städte wie Dresden auch auf Grund der ihnen in der Vergangenheit von uns zugewiesenen Gelder mittlerweile schuldenfrei sind und wir unsere Straßen nicht in Ordnung halten können.
Fehlende Schlüsselzuweisungen und die erhöhte Kreisumlage als Resultat der guten Steuerkraft 2007 und 2008 sind ebenfalls mitverantwortlich für das Haushaltsdefizit. Die Nichtweiterbeschäftigung des arbeitswilligen Kreisdirektors Michael Roland, das Aufstellen der Baken an der Bergstraße oder die Forderung der GPA nach Verringerung der Personalkosten im Kreishaus sind nur einige Beispiele, die zeigen, dass beim Kreis durchaus gespart werden könnte. Aber die dort Verantwortlichen denken gar nicht daran, sondern kassieren lieber von den Kommunen mehr Geld. Man muss sich die Frage stellen, ob es wirklich gerechtfertigt ist, mit 4,4 Mio. € mehr als ein Drittel der gesamten Aufwendungen in Höhe von ca. 12,5 Mio. € an den Kreis als Umlage zu überweisen. Bekommen wir für diesen hohen Betrag adäquate Gegenleistungen?

Gott sei dank fließen die Gelder aus dem Konjunkturpaket direkt an die Kommunen und nicht, wie es zuerst angedacht war an den Märkischen Kreis, der sie dann weiterleiten sollte. Denn nach den Erfahrungen mit der Verteilung der Fördergelder nach Kyrill hätte befürchtet werden müssen, dass der CDU regierte Kreis zuerst sich die Taschen vollgestopft und nur ein Almosen an die Kommunen weitergegeben hätte.
Die von der Verwaltung angedachten Maßnahmen mit dem vordringlichen Ziel, Energie einzusparen erscheinen uns sinnvoll zu sein. Wir müssen nun darauf achten, dass zur Stärkung der heimischen Wirtschaft Handwerker aus Herscheid und Umgebung beauftragt werden.

Trotz aller Haushaltsprobleme werden Jugendzentrum, die Träger der Kindergärten und die Feuerwehr weiterhin wie gewohnt unterstützt. Dies ist u. a. auch deswegen notwendig, damit Herscheid für Familien attraktiv bleibt. Denn der Bevölkerungsrückgang geht auch an uns nicht vorbei, wenngleich er sich im Augenblick noch nicht so dramatisch darstellt wie in anderen Kommunen. Vor diesem Hintergrund ist die Einrichtung der Offenen Ganztagsgrundschule an der Herscheider Grundschule richtig. Wenn auch im Augenblick die Anmeldezahlen noch nicht riesig sind, besteht kein Grund an der zukünftigen Auslastung zu zweifeln, wie die Erfahrungen in anderen Kommunen zeigen. Die Grundschulstandorte in Herscheid und Hüinghausen, wo die OGS schon seit Jahren erfolgreich läuft, müssen beide erhalten bleiben.
Auch die Hauptschule als einzige weiterführende Schule am Ort muss bestehen bleiben. Das von Werner Fornasier, dem Vorsitzenden des Marketingvereins „Wir für Herscheid“ initiierte Projekt „Kooperation Schule – Wirtschaft“ wird zur Profilierung unserer Hauptschule auch bei auswärtigen Schülern beitragen. Wichtig ist, dass noch mehr Grundschüler aus Herscheid und Hüinghausen an der weiterführenden Schule am Ort verbleiben. Dazu ist es unerlässlich, dass der Gesetzgeber neue Schulformen zulässt. Unserer Meinung nach sollte die Hauptschule in eine Gemeinschaftsschule umgewandelt werden, in der alle Kinder möglichst lange zusammen lernen können.

Bezüglich der Straßenunterhaltung hätten wir uns einen höheren Finanzrahmen gewünscht. Manche Straßen befinden sich in einem erbärmlichen Zustand. Der Frost wird noch ein Übriges dazu tun. Allerdings sind dies nicht immer die Straßen, für deren Instandsetzung die Gemeinde zuständig ist, sondern für die Kreis oder Land die Verantwortung tragen, wie z. B. das Land bei der Buckelpiste L561 rund um das Frankfurter Kreuz.
Die Gemeinde muss bei der Sanierung ihrer Straßen wieder nach dem Prinzip verfahren, größere zusammenhängende Straßenstücke zu sanieren, weil dies effektiver und kostengünstiger ist, als ständig kleinere Schäden auszubessern.
Zur Herunterstufung von Straßen zu Wirtschaftswegen, um Unterhaltungskosten zu senken, wie z. B. beim Sängerweg erwarten wir Vorschläge seitens der Verwaltung, wie sie es im Haushaltssicherungskonzept angekündigt hat.

Unser Freibad liegt uns sehr am Herzen. Wir müssen es weiterhin nach dem Prinzip der kleinen Schritte sanieren. Für umfangreiche Renovierungen auf einmal fehlt uns einfach das Geld. Von daher ist die Einstellung der Gelder zur Sanierung des Planschbeckens und Erneuerung der Gaskesselheizungsanlage in diesem Jahr und die Planung der Sanierung des Nichtschwimmer- und Schwimmerbeckens in den nächsten Jahren eine folgerichtige Entscheidung. So kann die Attraktivität des Freibades auch über die Gemeindegrenzen hinweg gesteigert werden.

Der Umbau des Aschenplatzes im Müggenbruch zu einem Kunstrasen ist uns ein großes Anliegen. Klar ist, dass auf Grund des defizitären Haushalts dieses Projekt nicht von heute auf morgen zu verwirklichen ist. Aber wir müssen schon jetzt die Weichen dafür stellen, denn sonst sind wir in einigen Jahren weit und breit die einzige Kommune, die über keinen Kunstrasenplatz verfügt. Es sollen schon die ersten Eltern ihre Kinder in Nachbarkommunen mit einem Kunstrasenplatz angemeldet haben. Spätestens dann, wenn der jetzige Sportplatz einer Grundsanierung bedarf, muss das Projekt in Angriff genommen werden.

Zum Schluss noch ein Wort zu den Dorfwiesen. Der ehemalige Investor hätte Mitte 2008 mit den Bauarbeiten beginnen können. Über die Gründe, warum dieses nicht geschah, können wir nur spekulieren. Nun lotet ein neuer Investor, der bei seiner Vorstellung einen sehr guten Eindruck hinterließ, die Möglichkeiten aus, das Bauvorhaben zu übernehmen. Dazu müssen wir ihm die notwendige Zeit geben. Spätestens Mitte des Jahres sollte dann aber eine endgültige Entscheidung gefällt werden. Das wichtigste Ziel, die Einkaufsmöglichkeiten in Herscheid zu verbessern, könnte mit einem raschen Baubeginn am schnellsten verwirklicht werden. Sollte der aber nicht möglich sein, müssen wir uns nach Alternativen umsehen. Voraussetzung hierfür ist, dass man einen Investor und Märkte findet, die bereit sind, an einem anderen Standort zu investieren. Der größte Nachteil wäre, dass alle Planungen wieder bei Null starten müssten. Und das kostet Zeit.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
die SPD – Fraktion hat sich auf ihrer Klausurtagung eingehend mit dem Haushalt 2009 und in der Folgezeit mit der Veränderungsliste und dem Haushaltssicherungskonzept beschäftigt. Wir sind zu der Erkenntnis gelangt, dass wir ihm mit all seinen Anlagen zustimmen können.
Bei Ihnen, aber auch bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung sowie im Bauhof und in den Gemeindewerken möchten wir uns für die konstruktive und faire Zusammenarbeit im vergangenen Haushaltsjahr bedanken.
Ein besonderes Dankeschön richten wir aber auch an all diejenigen, die sich ehrenamtlich in Vereinen, Verbänden, Institutionen, Kirchen, Feuerwehr oder auch in aller Stille für andere Menschen und die Gemeinschaft einsetzen. Ohne deren uneigennützigen Einsatz wäre unser Gemeindeleben ein großes Stück ärmer.
Vor uns liegt die nächste Kommunalwahl. Wir werden uns nicht in allen Dingen einig sein können und über den bestmöglichen Weg zur Erreichung unserer Ziele streiten müssen. Aber diese Meinungsunterschiede werden wir nach demokratischen Regeln fair und vor allen Dingen ohne persönliche Diffamierungen austragen.