
Haushaltsrede
der SPD Fraktion im Rat der Gemeinde Herscheid zum Haushalt 2008 am 28.04.2008
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine Damen und Herren,
der Entwurf des Haushaltsplanes für das Haushaltsjahr 2008 wurde von Bürgermeister Lothar Schütz am 18. Februar diesen Jahres eingebracht, zum zweiten Mal nach dem Neuen Kommunalen Finanzmanagement aufgestellt. Ob sich die dadurch für die Zukunft erhoffte Haushaltstransparenz erreichen lässt, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen, da gesicherte Vergleichszahlen für das letzte Jahr bisher noch nicht vorliegen.
Die Darstellung der Einzelmaßnahmen unmittelbar in den Teilergebnisplänen unterhalb der jeweiligen Ertrags- und Aufwandsarten hat den Haushalt lesbarer und damit seine Auseinandersetzung mit ihm einfacher gemacht, wofür wir der Verwaltung ganz herzlich danken.
Insgesamt stellt sich der Haushalt 2008 positiver dar, als wir vor Jahresfrist erwarten durften. Dies hängt allerdings nicht mit der Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements zusammen, sondern mit der guten konjunkturellen Entwicklung und den damit verbundenen Steuermehreinnahmen. Der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer wird mit ca. 500.000 mehr veranschlagt als noch im letzten Jahr und die Einnahmen aus der Gewerbesteuer, die in 2007 sehr viel höher als erwartet ausgefallen sind, werden mit 2,4 Mio. um 200.000 über dem erwarteten Aufkommen des letzten Jahres angesetzt. Allerdings werden auf Grund der derzeit guten Steuerkraft die Schlüsselzuweisungen genau beobachtet werden müssen, die sich ja bekanntlich nach Jahren mit gu-ten Einnahmen in der Regel verringern.
Der Haushalt 2008 selber kann nur fiktiv ausgeglichen werden, obwohl der Griff in die Ausgleichsrücklage bedeutend geringer ausfällt als zunächst befürchtet werden musste. Somit konnte eine Verringerung der Allgemeinen Rücklage entgegen der ursprünglichen Annahme noch vermieden werden. Allerdings können wir dem Bürgermeister nur Recht geben, wenn er bei der Haushaltseinbringung vor zu großem Optimismus gewarnt hat. Wie der 2008-er werden auch die zukünftigen Haushalte defizitär sein, was den Verbrauch der Ausgleichsrücklage und den Rückgriff auf die Allgemeine Rücklage nur zu einer Frage der Zeit werden lässt.
Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Gemeindefinanzen in den Städten und Gemeinden nicht aus eigener Kraft gelöst werden können. Das Land muss eine auskömmliche Finanzausstattung für die Kommunen sicherstellen. Dies wird von vielen Mandatsträgern jeglicher Couleur genau so gesehen, wie z. B. dem Kreiskämmerer Heer und dem Vorsitzenden der CDU Kreistagsfraktion Gemke. Der Bedarf für ein neues Gemeindefinanzierungssystem wird immer größer und von allen Parteien hört man, dass auch daran gearbeitet wird. Nur leider ist bis jetzt noch nichts dabei herausgekommen, wobei man allerdings fairer weise anführen muss, dass die einzelnen kommunalen Interessen auch sehr unterschiedlich sind.
Ärgerlich ist die Erhöhung der Kreisumlage, die für Herscheid um gut 300.000,- auf mittlerweile über 4 Mio. gestiegen ist. Es ist ja auch viel einfacher, seine Kosten auf die 15 Kommunen des Märkischen Kreises zu verteilen anstatt selber nach Einsparmöglichkeiten im eigenen Haushalt zu suchen. Alle märkischen Bürgermeister fordern über die Parteigrenzen hinweg eine Senkung der Kreisumlage. Diese wird nach Presseberichten auch von der Gemeindeprüfungsanstalt eingefordert, die angibt, dass kein anderer Landkreis seinen Kommunen eine so hohe Umlage abfordert wie der Märkische Kreis.
Dass der CDU-Landrat nicht ans Sparen denkt, wird auch bei der Wiederbesetzung der Stelle des Kreisdirektors deutlich. Anstatt 260.000 einzusparen und den arbeitswilligen und leistungsfähigen bisherigen Stelleninhaber mit SPD Parteibuch, der in der Vergangenheit immer loyal zu seinem Vorgesetzten aus den Reihen der CDU gestanden hat, für vier Jahre wieder zu wählen, wird die Stelle neu ausgeschrieben, um sie mit einem Bewerber mit dem richtigen Parteibuch zu besetzen. So engstirnig kann man nur handeln, wenn man entstehende Kosten nach unten weiter reichen kann.
Nicht einfach haben wir es uns mit der Zustimmung zur Erhöhung der Gewerbesteuer gemacht, denn nichts wäre schädlicher als durch Steu-ererhöhungen das zarte Pflänzchen des Konjunkturaufschwungs zu schwächen. Im letzten Jahr haben wir gegen die Anhebung der Grund-steuern A und B gestimmt, um die Bürgerinnen und Bürger nicht weiter zu belasten. Wir hatten gehofft, dass die damit verbundenen Mehreinnahmen auch durch die gute konjunkturelle Entwicklung anderweitig hätten erzielt werden können. Die Mehrheit im Rat aus CDU und FDP hat das anders gesehen und die Erhöhung der Grundsteuern mit den steuerlichen Mehrbelastungen für die Bürger durchgesetzt. Nun ist es sicherlich nicht unverschämt, wenn die Industriebetriebe auch ihr Scherflein zum Etat beitragen, zumal die Erhöhung von 410 auf 420 Prozentpunkte gerade einmal eine Steigerung von 2,5 % bedeutet. Dies müsste für die Firmen verschmerzbar sein, da sie auch durch die Unternehmenssteuerreform mit einigen Entlastungen rechnen können. Bei der Höhe der Gewerbesteuer liegt Herscheid nun kreisweit im Mittelfeld. Sie kann eigentlich für keinen Unternehmer der Grund sein, sich hier in Herscheid nicht anzusiedeln. Auch aus Unternehmerkreisen hört man, dass bei uns die Gewerbesteuerhebesätze moderat sind und man durchaus bereit ist, der Gemeinde mit höheren Abgaben unter die Arme zu greifen.
Wichtig für uns ist, dass im Finanzplan bis 2011 keine weiteren Erhöhungen sowohl der Grundsteuern als auch der Gewerbesteuern vorgesehen sind, so dass Bürger und Industrie für einen längeren Zeitraum Kontinuität bei der Steuerhöhe erwarten können.
Im Haushalt werden 150.000 für die Unterhaltung von Straßen im Innen- und Außenbereich, 75.000 für die Unterhaltung von Wirtschaftswegen und 225.000 an Bauhofleistungen für Ausbesserungsarbeiten an Wegen und Straßen bereit gestellt. Die Erhöhung der im Haushalt veranschlagten Mittel für die Straßenunterhaltung wird von uns positiv gesehen. Ein Teil unseres Straßennetzes bedarf einer dringenden Sanierung, die so schnell wie möglich erfolgen muss, um die betroffenen Stellen nicht noch maroder werden zu lassen. Im Laufe der nächsten Jahre sollten nach Möglichkeit Zug um Zug größere zusammenhängende Straßenstücke saniert werden, weil dies effektiver und kostengünstiger ist, als ständig kleinere Schäden auszubessern.
Die Herunterstufung von Straßen zu Wirtschaftswegen, wie jetzt beim Weg von der Langenbecker Brücke in Richtung Schluchtsiepen oder vor einigen Jahren beim Sängerweg, tragen wir mit, wenn sie keine unverhältnismäßigen Verschlechterungen für die dort lebenden Anwohner und deren Besucher mit sich bringen. Denn die Gemeinde kann hierdurch deutliche Unterhaltungskosten sparen.
Da uns das Geld fehlt, unser Freibad großzügig zu sanieren, müssen wir an der Renovierung nach dem Prinzip der kleinen Schritte festhalten. Das Freibad ist die einzige größere Freizeiteinrichtung für die Bürgerinnen und Bürger unserer Gemeinde und bedarf daher unserer besonde-ren Wertschätzung.
Das 2007 eingefahrene Minus von fast 240.000 ist teilweise ein Tribut an das schlechte Wetter im letzten Sommer, auf das wir allerdings keinen Einfluss hatten. Seien wir optimistisch, dass ein gutes Sommerwetter in diesem Jahr wahre Besucherströme in unser herrlich gelegenes und Dank unserer beiden engagierten Schwimmmeister sehr gepflegtes Gartenbad strömen und durch ihre Eintrittsgelder zu einer Verringerung des Zuschussbedarfes beitragen werden.
Die Entscheidung des Sportausschusses, bis auf die Preise für die Jahreskarten keine Erhöhung der Eintrittsgelder vorzunehmen, wird von uns begrüßt. Die Erhöhung der Preise für die Jahreskarten ist maßvoll und nach über zehn Jahren die erste Preiserhöhung im Freibad. Die soziale Komponente in Bezug auf Ermäßigungen für Geschwisterkinder, Geringverdiener und den freien Eintritt für Kinder bis sechs Jahre bleibt weiterhin bestehen. Auch dürfte die Wettbewerbsfähigkeit mit ähnlichen Frei-bädern der Nachbarkommunen auf Grund der dort vorhandenen Preisstrukturen nicht leiden.
Die für die Sanierung des Nichtschwimmerbeckens im Finanzplan für die Jahre 2010 und 2011 vorgesehenen Investitionen von insgesamt rund 350.000 werden dazu beitragen, die Attraktivität des Freibades über die Gemeindegrenzen hinweg zu steigern und auch auswärtige Besucher zu binden.
Ein besonderes Augenmerk wird in Zukunft auf den Schulstandort Herscheid zu richten sein. Die Hauptschule ist die einzige weiterführende Schule am Ort und muss erhalten bleiben. Dafür müssen wir bereit sein, auch unorthodoxe Wege zu gehen, die im Schulgesetz nicht vorgesehen sind. Natürlich laufen wir dabei Gefahr, dass sie vom Gesetzgeber nicht genehmigt werden. Auch im Münsterland haben kleine Gemeinden schon Anträge auf Veränderung ihrer Schulstruktur gestellt, die allesamt von der Landesregierung abgelehnt wurden. Aber nur auf diesem Wege kann man dem Gesetzgeber verdeutlichen, dass die bestehenden Möglichkeiten zur Aufrechterhaltung einer intakten Schulstruktur in einer kleinen Gemeinde, die auch auf Grund ihrer Lage zwischen zwei Städten sich nicht mit anderen Kommunen ergänzen kann, nicht ausreichen. Eine Gemeinschaftsschule nach Schleswig Holsteinischem Vorbild oder eine andere Form, bei der länger zusammen gelernt wird, kann dazu bei-tragen, dass die Kinder nicht nach dem 4. Schuljahr die weiterführenden Schulen anderer Städte besuchen, sondern ohne Verlust ihrer Zukunfts-perspektiven am Ort weiter lernen könnten.
Das Projekt Kooperation Schule Wirtschaft, das vom Vorsitzenden des Marketingvereins Wir für Herscheid initiiert worden ist, ist sehr lo-benswert und wird zur Profilierung unserer Hauptschule beitragen, aber gewiss nicht dazu führen, dass wesentlich mehr Schüler nach der Grundschule in Herscheid bleiben werden.
Die Einrichtung einer Offenen Ganztagsgrundschule 2009 an der Grundschule Herscheid unabhängig von der bisher geforderten Mindestteilnehmerzahl wird von uns unterstützt, obwohl wir die Umsetzung dieser Maßnahme lieber schon in diesem Jahr gesehen hätten. Das Risiko, dass zusätzliche Kosten auf die Gemeinde zukommen, ist recht gering. Denn die Erfahrung zeigt, dass offene Ganztagsgrundschulen sehr schnell nach ihrer Einführung wachsen und sich dann aus der Landes-förderung und den Elternbeiträgen tragen können.
Die Entwicklung der Einwohnerzahlen in Herscheid ist rückläufig, zwar nicht dramatisch, aber immerhin in einer Größenordnung, die einen nachdenklich stimmen muss. Hinzu kommt, dass nach Angaben des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik in Herscheid neben Altena mit einem Durchschnittsalter von 44 Jahren die ältesten Bürger im Kreis wohnen. In NRW belegt Herscheid unter den 396 Städten und Gemeinden den 369. Platz und zählt somit zu den Schlusslichtern der Wertung.
Um diesen Trend zu stoppen, muss der Familienfreundlichkeit in der Gemeinde hohe Priorität eingeräumt werden. Ein finanzieller Anreiz für junge Familien sich in Herscheid anzusiedeln, könnte bei der Ausweisung zukünftiger Baugebiete die Gewährung eines Baukindergeldes o-der ein nach der Kinderzahl gestaffelter Preisnachlass auf den Grundstückspreis sein. Der Hinweis des Bürgermeisters, dass man mit einer solchen Förderung diejenigen, die gar nicht bauen können, nicht erreicht, ist berechtigt, obwohl man eine solche Förderung auch an evt. sich ergebende Mietpreise binden kann.
Darüber hinaus gilt es, verstärkt mit der sehr schönen Landschaft zu werben, in die Herscheid am Fuße des Ebbegebirges eingebettet ist, und der hervorragenden Autobahnanbindung, die uns schnell in viele Großstädte bringt und nach dem kürzlich angekündigten Ausbau des Silbergs noch leichter zu erreichen sein wird.
Die Forderung des TuS Herscheid nach einem Kunstrasenplatz ist legitim und stößt bei uns auf offene Ohren. Immer mehr Vereine rings um uns herum verfügen bereits über einen Kunstrasenplatz, der das Fußballspielen auch auf Grund der geringeren Verletzungsgefahr für jung und alt, für Mädchen und Jungen erheblich attraktiver macht.
Auf Grund der finanziellen Situation der Gemeinde ist dieser Wunsch zurzeit gewiss nicht realisierbar und es wäre auch unredlich, den Sport-lern Hoffnung auf eine kurzfristige Erfüllung zu machen. Langfristig gesehen erscheint uns jedoch die Abkehr vom Ascheplatz, der auf Grund der Entwicklung in den Nachbarkommunen auch ein Wettbewerbsnachteil für unsere Kicker werden könnte, schon wegen der Folgekosten für Unterhaltung, Renovierung und Instandsetzung überdenkenswert zu sein. Hier sollten in nächster Zeit genaue Zahlen ermittelt werden, auf denen basierend ein möglicher Fahrplan zum weiteren Verfahren erstellt werden kann.
Die Zusammenfassung der öffentlichen Einrichtungen in einem zentralen Grundstücks- und Gebäudemanagement Ende des letzten Jahres war richtig und zukunftsweisend, da aus ihr realistischerweise Einsparpotenziale erwartet werden können. Beziffert werden können sie natürlich noch nicht, da zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Erfahrungswerte vorliegen.
Die freiwilligen Leistungen stellen einen geringen Bruchteil des Gesamthaushalts dar. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass sie zum wiederholten Male auf dem Stand des Vorjahres beibehalten bleiben, müssen sie doch auch als eine Belohnung für das Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger angesehen werden. Müsste diese ehrenamtliche Tätigkeit von der Gemeinde übernommen werden, würde sie ein Vielfaches kosten und den gemeindlichen Haushalt wesentlich stärker belasten.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
die SPD Fraktion hat sich auf ihrer Klausurtagung ausführlich mit dem Haushalt 2008 beschäftigt. Wir werden ihm mit all seinen Anlagen zustimmen.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bei Ihnen ausdrücklich für die konstruktive und faire Zusammenarbeit im vergangenen Haushaltsjahr bedanken.
Gleichzeitig bitte ich Sie, diesen Dank auch an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung sowie im Bauhof und in den Gemeindewer-ken weiterzuleiten.
Den Kolleginnen und Kollegen im Rat danke ich für die vertrauensvolle Zusammenarbeit im letzten Haushaltsjahr. Es liegt in der Natur der Sache, dass wir uns nicht in allen Dingen einig sein können. Aber diese Meinungsunterschiede müssen fair und ohne persönliche Verunglimpfungen ausgetragen werden, wie es in der Vergangenheit der Fall war.
Unsere Gemeinde hat ein reichhaltiges Vereinsleben. Dort und in anderen Verbänden und Institutionen, wie z. B. der Kirche oder der freiwilligen Feuerwehr, aber auch in aller Stille wird enorme ehrenamtliche und uneigennützige Arbeit für andere Menschen und die Gemeinschaft geleistet, die unser Gemeindeleben belebt und bereichert. Hierfür sprechen wir allen unseren Dank und unsere Anerkennung aus.